Mit "Indien" verabschiedet sich Stefan Neugebauer vom Stadtbad Steglitz. Foto: Kai-Uwe Schulte-Bunert

Freitagabend, Stadtbad Steglitz. Es ist 20 Uhr. Regisseur Stefan Neugebauer holt die Besucher aus dem Café Freischwimmer ab, um sie in den „Blauen Salon“ zu führen. Im ehemaligen Fitnessraum inszeniert er derzeit die Tragikomödie „Indien“. Sehr oft wird Neugebauer diesen Weg mit seinen Zuschauern nicht mehr gehen. Nach acht Jahren verlässt er das Stadtbad Richtung Naumburg. Doch von Wehmut ist bei dem 51-Jährigen nichts zu spüren. Stattdessen herrscht Freude.

Die Stelle als Intendant am Naumburger Theater sei ein „super Job“ sagt er. Nach Jahren der Selbständigkeit freut sich Neugebauer auf die Sicherheit einer Festanstellung. Er freue sich auf die kurzen Wege in einer Kleinstadt, auf ein wenig „Entschleunigung“ und vor allem darauf, sich ganz dem Theater widmen zu können, ohne überlegen zu müssen, woher das Geld kommt.

Die acht zurückliegenden Jahre im Stadtbad waren für Neugebauer „abenteuerlich im besten Sinn“. Als Zuschauer kam er damals dorthin. Inhaberin Gabriele Berger fragte, ob Schwimmhalle und Sauna bespielen würde – er sagte zu. „Aufbruchstimmung“ habe geherrscht. Er hatte freie Hand und habe viel gelernt, weil „nichts da war.“ Auch um Kostüme und Bühnenbilder musste er sich kümmern. „Ich weiß, was man mit wenig machen kann. Das war eine gute Schule“, sagt der Regisseur und Autor.

„Woyzeck“ von Georg Büchner war das erste Stück, das Neugebauer mit seinem Clubtheater in der Schwimmhalle inszenierte. Nach und nach entdeckte er auch weitere Räume, spielte unter anderem in der Sauna „Den Großinquisitor“ von Dostojewski und Poes „Grube und Pendel/Das verräterische Herz“ im Alten Brunnenhaus. 2012 brachte er die Oper „Die Entführung aus dem Serail“ ins Stadtbad – mit Erfolg. Wo sonst sitzt man schon zusammen mit dem Orchester in einem Schwimmbecken? Es folgten „“ und „Fidelio“. In diesem Jahr wurde Berger eine weitere Operninszenierung im Schwimmbad untersagt.

Mit Neugebauers Weggang endet auch das Theater im Stadtbad – und Berlin verliert eine ungewöhnliche und interessante Spielstätte.

„Indien“ ist für Neugebauer ein Brückenschlag zwischen Steglitz und Naumburg, denn er nimmt das Stück mit nach Naumburg, die beiden Hauptdarsteller Tom Baldauf und Peter Johan, werden ins Ensemble aufgenommen.

Dass alle drei Männer ein Gewinn für Naumburg sind, wird klar, wenn man sich „Indien“ anschaut. Das Stück dreht sich um die zwei Hoteltester Heinz Bösel und Kurt Fellner, die unterschiedlicher nicht sein können. Sie kommen sich näher, sprechen über Schnitzel, Frauen und Sex – derb, böse und politisch inkorrekt. Der Alkohol fließt. Aber plötzlich ist alles anders – es geht um die Existenz, das Leben und den Tod.

Zu sehen ist „Indien“ bis 19. Dezember freitags und sonnabends um 20 Uhr sowie am 31. Dezember um 18 und 20 Uhr.

(go)