Julia Zange und Lina Schmid kennen die Bedarfe und Sorgen der Leute im Kiez. | Foto: Stadtteilzentrum Steglitz

 

Dienstagnachmittag im Maria-Rimkus-Haus: Der Duft von frischem Kaffee zieht durch den Raum, auf den Tischen stehen Teller mit Keksen. Hier kommen Menschen ins Gespräch, die sich sonst vielleicht nur im Vorübergehen grüßen.

Sie erzählen von kleinen Alltagsproblemen, von guten Ideen und manchmal auch von großen Sorgen – und merken, dass sie mit vielem nicht allein sind.

Seit 2021 ist das Angebot der Mobilen Stadtteilarbeit in Lankwitz unterwegs: mal aufsuchend im Kiez an verschiedenen Standorten wie dem Grünstreifen in Alt-Lankwitz, an der Lankwitzer Kirche, am Gemeindepark Lankwitz oder in Nachbarschaftseinrichtungen wie dem Nachbarschaftsladen Leonie oder dem Kiezbüro Lankwitz.

Wer ein Problem oder eine Idee für den Kiez hat, oder wer Unterstützung sucht, kann hier unkompliziert ins Gespräch kommen.

Begegnungsräume im Kiez drohen zu verschwinden

Doch mit den Kürzungsplänen des Berliner Senats ist klar: Ab 2026 werden diese Gespräche nicht mehr stattfinden. Mindestens die Hälfte aller Berliner Standorte der Mobilen Stadtteilarbeit fallen weg – Lankwitz gehört dazu. Ohne sie wird es auch weniger Fokusgruppen geben. Solche Gesprächsrunden entstehen selten von selbst – sie brauchen Menschen, die einladen, zuhören und den Austausch in die richtigen Bahnen lenken.

Das sieht auch ein Teilnehmer der Kiezstimmen (ehemals Demokratiecafé) so: „Mit der mobilen Stadtteilarbeit verbinde ich den Gedanken, Freiräume zum Gedankenaustausch und zum solidarischen Handeln auch variabel und dezentral anzubieten und durchzuführen. Ein fester Stützpunkt mit Räumlichkeiten wird ergänzt durch mobilen Einsatz direkt an Orten, die Stärkung und Hilfestellung benötigen.“

Bleiben diese Anstöße aus, bleiben viele Stimmen im Stadtteil ungehört. Gleichzeitig verschwinden bestehende Angebote – wie die Smartphonesprechstunde, die für viele ältere Nachbarinnen und Nachbarn ein fester Halt im digitalen Alltag geworden ist.

 

Basteln geht immer – Kreativangebote bringen die Leute an einen Tisch. | Foto: Stadtteilzentrum Steglitz

 

Beispiele aus dem Leben: Smartphonesprechstunde und Kochabend

Wie wichtig die mobile Stadtteilarbeit ist, zeigt das Beispiel einer Mutter von drei kleinen Kindern. Sie besucht regelmäßig die Smartphonesprechstunde im Kiezbüro Lankwitz. Während sie dort den Umgang mit ihrem Handy lernt, werden ihre Kinder betreut – und für sie ist das jedes Mal ein Highlight. Noch Tage später erzählen sie begeistert von den Spielen und wollen unbedingt wiederkommen.

Für die Mutter bedeutet die Smartphonesprechstunde: endlich einmal Zeit für sich. Zeit, um in Ruhe Fragen zu stellen, Neues zu lernen und durchzuatmen – in einer Atmosphäre, die sie als offen, hilfsbereit und warmherzig beschreibt.

Auch der zuletzt stattfindende Film- und Kochabend im Nachbarschaftsladen Leonie hat gezeigt, wie wichtig die Mobile Stadtteilarbeit für die Menschen ist. Eine Besucherin erzählte dort, dass sie als Rentnerin kaum noch genug Lebensmittel kaufen könne – und diese Abende für sie daher weit mehr seien als nur ein schönes Freizeitangebot. Sie schenkten ihr Freude, Entlastung und Gemeinschaft. Als das Team der mobilen Stadtteilarbeit von den geplanten Kürzungen ab Januar berichtete, war die Stimmung entsprechend gedrückt: Traurigkeit, Unverständnis und deutliche Kritik an der Streichung sozialer Angebote machten sich breit. Viele hoffen, dass es noch eine letzte gemeinsame Veranstaltung geben wird.

Mobile Stadtteilarbeit füllt eine Lücke: Sie bringt Beratung, Begleitung und Begegnung flexibel in verschiedene Kieze – ob in Form von Sprechstunden, offenen Treffs oder niedrigschwelliger Unterstützung. Kürzungen würden bedeuten, dass solche wertvollen Freiräume für Familien verloren gehen.

 

Immer präsent im Kiez: mobile Stadtteilarbeit Lankwitz. | Foto: Stadtteilzentrum Steglitz

 

Welche Angebote verschwinden würden

Die Liste der Angebote, die es nicht mehr geben wird, ist lang: Neben der Smartphonesprechstunde sind es unter anderem niedrigschwellige Beratungsmöglichkeiten zu vielfältigen Themen, Film- und Kochabende, die regelmäßig stattfindenden offenen Familiennachmittage in Kooperation mit dem Team Sozialarbeit in Kitas (Stadtteilzentrum Steglitz e.V. mit Mittelhof e.V.), Bastelangebote in Kooperation mit der Familienförderung des Stadtteilzentrums Steglitz e.V. sowie politische Workshops wie die Gesprächsrunde „Argumentieren gegen Rechtspopulismus“.

Für die Anwohnerschaft bedeutet das einen herben Verlust, denn für sie sind die Angebote mehr als eine Dienstleistung. Mobile Stadtteilarbeit fungiert als Bindeglied, Übersetzerin und Möglichmacherin. Ohne sie droht das soziale Netz in Lankwitz dünner zu werden.

Ob und wie diese Lücke künftig geschlossen werden kann, ist derzeit offen.

Junia Greb-Georges

Die Autorin ist Mitarbeiterin des Stadtteilzentrums Steglitz und Teil der Redaktion der Stadtrand-Nachrichten.

 

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