Nicht jeder hat das Glück, einen Kitaplatz zu erwischen. Foto: Rainer Sturm/pixelio.de

Ab 1. August gilt ein Rechtsanspruch auf einen Kitaplatz auch für Kinder unter drei Jahre. Das Jugendamt Steglitz-Zehlendorf fühlt sich dafür – rein rechnerisch – gut gerüstet.

14.251 Kinder unter sechs Jahre leben im Bezirk – für diese stehen derzeit 10.045 Plätze verschiedener Träger sowie 555 Plätze bei Tagespflegemüttern zur Verfügung, heißt es aus dem Büro der Bezirksstadträtinn Christa Markl-Vieto (Grüne) auf SN-Nachfrage. Zudem seien rund 1.500 Plätze in weiterer Planung, 550 würden derzeit realisiert. „Die Nachfrage liegt, örtlich unterschiedlich, im Bezirk bei rund 70 Prozent. Demnach wären 9.976 Plätze erforderlich, um die derzeitige Nachfrage zu befriedigen“. Heißt, dass es rein rechnerisch genug Plätze gibt. Man gibt aber auch zu, dass dies keine Garantie sei, dass „der gewünschte und nächstgelegene Platz zur Verfügung steht, „da örtliche Kapazitäten und Nachfrage sehr unterschiedlich sind“. Die größten Platzdefizite gebe es in den Regionen Albrechtstraße, Lankwitz und Ostpreußendamm, wo der Bedarf durch weitere Bauprojekte anhaltend hoch bleiben wird. Die drei Regionen gehören nach dem Kitabedarfsatlas des Landes Berlin zur Kategorie 1 – es gibt weniger Plätze als Kinder, wobei die Zahl der Kinder steigt.

Dass der Bezirk Steglitz-Zehlendorf gut aufgestellt ist, dieses Gefühl hat auch Martina Castello, Pädagogische Geschäftsleiterin der Kindertagesstätte Berlin-Süd-West. Die Nachfrage nach Plätzen für unter Dreijährige sei auch schon vor dem Rechtsanspruch hoch gewesen, weil nach zwölf beziehungsweise 14 Monaten das Elterngeld endet, so Castello. Und so habe der Eigenbetrieb in der Vergangenheit schon vermehrt Plätze geschaffen. Derzeit entstehen neue an der Mittelstraße. Wie gut Steglitz-Zehlendorf gerüstet ist, das werde sich erst im Januar/Februar zeigen, ist Castello überzeugt, wenn klar wird, ob die Eltern eher den Rechtsanspruch oder das neue Betreuungsgeld in Anspruch nehmen werden. Wobei sie vermutet, das es im Bezirk eher erstes sein wird. Von den 17 Kitas, die der Eigenbetrieb in Steglitz-Zehlendorf betreibt, sei es nur in einer sehr eng, in der Ahlsenstraße. Dort gebe es lange Wartelisten.

Dass es vermehrt Nachfragen nach Plätzen U3 gibt, hat Ilona Kolm, Leiterin des Fachbereichs Kindertagesbetreuung beim Mittelhof e.V., festgestellt. Das sei aber auch nicht verwunderlich, da die älteren Kinder ja meist schon betreut werden. Allerdings könne man erst nach den Ferien sagen, wie groß der Bedarf wirklich ist, da bei vielen Eltern derzeit der Urlaub im Vordergrund stehe. Andere wiederum sagen noch ab, weil ein Platz in der Lieblingskita frei wird. Trotzdem gelte gerade für Kinder unter drei: „Die Wartelisten sind lang. Wir sind so gut wie immer belegt“, erklärt Kolm. Deshalb will der Verein an der Markgrafenstraße die Betreuung für Kinder unter drei Jahren ausbauen. Ab August 2014, vorsichtig geschätzt, sollen die Plätze dann zur Verfügung stehen. Der Umbau muss aus Eigenmitteln bezahlt werden, eine Finanzierung durch das Kita-Ausbauprogramm wurde bisher zweimal abgelehnt, weil die Straßenzüge, in denen der Mittelhof seine Kindertagesstätten betreibt, nicht zur Bedarfskategorie 1 gehören. Lediglich an einem Kita-Standort in Lichterfelde sei die Situation sehr kritisch, erzählt Kolm. So habe ein Vater berichtet, dass er bei mehr als 20 Kindertagesstätten erfolglos nach einem Platz nachgefragt habe. Doch solche Geschichten seien selten.

Andere Erfahrungen gibt es in den Kindertagesstätten des Nachbarschaftsheims Schöneberg. „Die Nachfrage ist bezirksübergreifend sehr groß, und die Eltern sind teilweise verzweifelt“, erklärt Karin Höhne, Leitung des Fachbereichs Kindertagesstätten. „In unseren Steglitzer Einrichtungen ist der Bedarf höher als freie Plätze zur Verfügung stehen“, so Höhne. Den Druck und den Unmut der Eltern bekämen die Kitaleiterinnen zu spüren, die erklären müssten, warum sie keinen Platz anbieten können. Und das obwohl viele Eltern wüssten, dass der Rechtsanspruch gegenüber dem Bezirk und nicht gegenüber der Kita bestehe.

(go)