
Gabriel Heim (links), der sich für die Gedenktafel für das Düppel Center stark gemacht hatte, gab die Tafel zusammen mit Staatssekretär André Schmidt frei. Foto: Grützner
Ein Ort der Hoffnung nach den Schrecken des Krieges und der Vernichtung, ein neues Zuhause, wenn auch nur auf Zeit – das war das Düppel-Camp an der Potsdamer Chaussee 58 für mehr als 5.000 Überlebende der Schoah nach Ende des 2. Weltkrieges. Am Mittwoch wurde am historischen Ort eine Tafel enthüllt, die an die Geschichte des Camps für Displaced Persons (DP) erinnert.
In seiner Laudatio erinnerte der Redakteur und Dokumentarfilmer Gabriel Heim, der sich an die Historische Kommission gewandt und so die Gedenktafel initiiert hatte, an die Geschichte des Düppel Centers.
Im Gegensatz zu den Zwangsarbeitern, Gefangenen und Verschleppten, die die Alliierten in einem Lager am Teltower Damm unterbrachten, hatten viele der überlebenden Juden keine Heimat, in die sie zurückkehren konnten oder wollten. Zudem kamen zahlreiche Juden aus Polen nach Berlin, die dem Versprechen General Eisenhowers folgten, ein eigenes Übergangslager für jüdische DPs einzurichten. Dafür räumte ein Bataillon der amerikanischen Streitkräfte das Gelände an der heutigen Potsdamer Chaussee. Dort konnte jüdischen Leben wieder beginnen – „ausgerechnet einen Steinwurf von Wannsee entfernt, wo die Vernichtung beschlossen worden war“, so Heim in seiner Rede.
Bereits Mitte 1946 soll das Camp so gut organisiert gewesen sein, wie ein „kleines Jüdisches Schtettl“, mit einer koscheren Küche, es wird Jiddisch gesprochen, die Einwohner geben ein Mitteilungsblatt heraus, gründen eine Theatergruppe und einen Radiosender. Es wird geheiratet und es werden Kinder geboren.
Doch Düppel wurde von „einem Durchgangslager zu einer Sackgasse. Immer mehr kommen, immer weniger können weiter“, weil die Briten den Weg nach Palästina versperrten, die USA nur vereinzelt Visa vergaben. „Düppel wird ein Wartesaal“, erinnert der Redakteur, der die Geschichte des Camps mühsam recherchieren musste, da es kaum Akten und Unterlagen dazu gab.
Im Sommer 1948 – parallel zur Berlin-Blockade – kam das Aus für das Camp. Wer nicht in Berlin bleiben wollte, kam in DP-Camps in Hessen oder Bayern. Die Frauen, Männer und Kinder wurden mit leeren Rosinenbombern ausgeflogen.
„Es ist für uns, mit all dem Wissen um die Schoah, mit all dem Wissen um Einzelschicksale, mit all dem Wissen der Nachgeborenen schwer zu begreifen, wie so unmittelbar nach tiefster Nacht Menschen in der Lage sind, große Hoffnung zu schöpfen und mit Mut und Willen in eine – damals sehr unsichere – Zukunft aufzubrechen. Wie sie in der Lage waren, sich das ‚verlorene‘ Leben zurückzuholen, zu feiern, zu debattieren, zu lachen, zu vertrauen. Wie sie es ertragen konnten, ein oder zwei Jahre ihres ‚zerbrochenen‘ Lebens im Land ihrer Feinde und Verfolger zu verbringen, in Gesichter zu blicken, die es teilnahmslos zugelassen hatten, dass ihre Familien, ihre Dörfer, ihre Kultur ausgerottet wurde.“
Gemeinsam mit Staatssekretär André Schmitz gab Heim im Beisein von rund 40 Zuhörern, darunter Vertreter von Senat und Bezirk, die Gedenktafel frei. Sie erinnert nun an diesen Ort der Hoffnung und des Aufbruchs.
(mgr/go)