Um Liebesschmerz und Liebesglück dreht sich Mozarts Singspiel, das nun im Stadtbad Steglitz inszeniert wird. Foto: Stadtbad Steglitz

„Mittendrin statt nur dabei“ – dieser Werbespruch gilt wohl für keine Kulturstätte so wie für das Stadtbad Steglitz. Das ist auch bei der neusten Inszenierung von Mozarts Singspiel „Bastien und Bastienne“ so, die am Freitag Premiere feierte. Das Publikum sitzt im Blauen Raum nicht nur auf gleicher Ebene mit den Sängern und Musikern, sondern wird selbst Teil des Spiels um Liebesleid und Liebesfreud.

Regisseur Stefan Neugebauer holt den Einakter aus einem Dorf des 18. Jahrhunderts ins Berlin des 21. Jahrhunderts. Colas ist kein Zauberer, sondern ein Therapeut, der mit seinen esoterischen Methoden schon so manchem Paar geholfen hat, wie er noch vor Beginn der Handlung deutlich macht. Bei ihm nun sucht Bastienne, die mit ihrem Freund Bastien aus dem Ausland nach Berlin gezogen ist, Hilfe. Denn Bastien ist untreu und Bastienne tief verletzt. Seine Kristallkugel um Rat fragend, gibt Colas der jungen Frau den Rat, sich kühl gegen Bastien zu verhalten. Sinnbildlich streift Bastienne zusammen mit ihren Gummistiefeln ihr Dasein als „Landei“ ab, schlüpft in rote High Heels – ganz Dame von Welt – und befolgt den Rat. Bastien, der seine Fehler erkannt hat und Bastienne zurückgewinnen will, ist verzweifelt, denn seine Geliebte will ihn nicht anhören. Sogar sein Geschenk – das Stoffschaf ist wohl eine Reminiszenz an Mozarts Original, in dem Bastienne eine Schäferin ist – lehnt sie ab, obwohl es ihr schwerfällt. Nicht einmal Mozart höchstpersönlich kann Bastien helfen. Erst als er Selbstmord begehen will, hat Bastienne ein Einsehen. Und so endet das Singspiel nach rund 80 Minuten mit einem Happy End.

Die drei Sänger, die Neugebauer für das Stück engagiert hat, sind Stadtbad-Besuchern nicht unbekannt. Sie traten bereits im Sommer gemeinsam in der „Fidelio“-Inszenierung auf.

Ganz wunderbar anzusehen und anzuhören ist Kathleen Morrison als Bastienne. Sie hat nicht nur eine phantastische Stimme, mit der sie die beiden Kollegen fast ein wenig in den Schatten stellt, sondern spielt ihre Rolle überzeugend mit ausdrucksstarker Mimik und Gestik ohne zu sehr in den Klamauk abzurutschen. Laurent Martin als Bastien beherrscht den Dackelblick des enttäuschten Mannes so gut, dass man im Publikum fast Mitleid haben möchte mit dem Treulosen. Besonders bewegend sind die Duette der beiden, weil ihre Stimmen nicht nur gut miteinander harmonisieren, sondern sich auch ergänzen. Hansjörg Schnaß als Colas wirkt immer ein wenig steif und unsicher in den gesprochenen Passagen. Allerdings bildet er damit auch einen ruhigen Gegenpol zu dem im Streit liegenden Liebespaar.

Das Spiel des clubtheater-Kammerorchesters unter der Leitung von Helmut Weese war ein Ohrenschmaus.

Das Premierenpublikum war begeistert und klatschte lange Beifall. Bleibt dem club-theater im Stadtbad Steglitz zu hoffen, dass sich das herumspricht und die rund 50 Plätze im Blauen Raum bei den nächsten Vorstellungen alle besetzt sind.

Gespielt wird die Oper bis zum 22. Dezember jeweils freitags, sonnabends und sonntags um 20 Uhr. Karten gibt es unter den Telefonnummern (030) 54 77 31 18 oder 79 74 80 28 für 25 Euro, ermäßigt 20 Euro. Kinder zahlen zehn Euro.

(go)