Romantisches Eiland mit kolonialer Vergangenheit: die Pfaueninsel. | Foto: Daniela von Treuenfels

 

„Tausche Glasperlen gegen Sklaven“ – die romantische Pfaueninsel hat auch eine dunkle Vergangenheit. Ein hörenswerter Podcast leuchtet die kolonialistische Geschichte des Eilands aus.

Natürlich, der Pfau ist kein einheimischer Vogel, und Pfeffer wächst nicht im märkischen Sand. Dass beides schon im 18. und 19. Jahrhundert in Europa verfügbar war, ist dem Kolonialhandel zu verdanken. Die exotischen Produkte weckten und befriedigten Neugier, Begehrlichkeiten und Sehnsüchte. Wer etwas auf sich hielt, ließ „Paradiesgärten“ anlegen und stellte exotische „Sammlerstücke“ zur Schau. Die Pfaueninsel erhielt ebendies, und obendrein ein Schloss mit einem reich bebilderten Turmzimmer. Die Motive des Otaheitischen Kabinetts zeigen Motive einer fiktiven Landschaft, die der von Ozeanien oder Polynesien ähneln soll. Die damalige Begeisterung für die sogenannte „Südsee“ ging auf Berichte über James Cooks Reise nach Tahiti (auch Otahiti oder Otaheiti) zurück.

Der Podcast des Kulturamtes Steglitz-Zehlendorf spürt diesen (post-)kolonialen Bezügen nach und macht sie anlässlich der Wiedereröffnung des 1794/95 erbauten Schlosses am 25. Mai auf der Insel erfahrbar. In fünf Hörfolgen werden neben dem Otaheitischen Kabinett das Palmenhaus mit seinen exotischen Pflanzen, die Tiere der Pfaueninsel sowie die Rolle der hier für den kolonialen Handel hergestellten Glasperlen thematisiert. Die abschließende Folge beschäftigt sich mit der Geschichte Harry Maiteys (1807-1872), des ersten Hawaiiers in Preußen, der zeitweise auf der Pfaueninsel lebte.

Zu den spannenden Fakten zählt beispielsweise, dass zeitweise auf der Insel bis zu 96 verschiedene Tierarten lebten. Die Menagerie bildete 1842 die Grundlage zur Gründung des Zoologischen Gartens. Die Exoten zogen ein großes Publikum an, bis zu 6000 Menschen pro Tag kamen auf das kleine Eiland.

Ab 1680 strebten die Brandenburger nach überseeischem Kolonialbesitz, erfahren Hörer des Podcasts. Ab 1682 gründeten die Preußen die kurbrandenburgische Kolonie Groß Friedrichsburg in Westafrika im heutigen Ghana. Gold und Gewürze standen bei den Hohenzollern auf der Einkaufsliste – und Menschen. Deutsche Schiffe verschleppten rund 20.000 Frauen und Männer als Sklaven nach Amerika.

Zahlungsmittel für den kolonialen Handel waren unter anderem Glasperlen, die auf der Pfaueninsel hergestellt wurden. Der Alchimist Johann Kunkel erhielt die Pfaueninsel, um dort Experimente durchzuführen und eine Glashütte zu betreiben. Hier stellte er, unter größter Geheimhaltung, auch spezielle Glasperlen her, welche die afrikanischen Agriperlen imitierten und in der Kolonie als Währung akzeptiert wurden. Händler tauschten sie nicht nur gegen Gold, Pfeffer und Elfenbein, sondern auch gegen Menschen.

Die letzte Episode des Podcasts erzählt die Geschichte von Maitey aus dem Königreich Hawaii, der im Alter von 17 Jahren im Jahr 1823 angeblich freiwillig nach Deutschland kam. 1830 wurde er als „königlicher Pflegling“ auf der Pfaueninsel angesiedelt. Er wurde eingebürgert, heiratete und zog mit seiner Frau nach Klein Glienicke. Trotz aller Assimilation wurde er den Status einer „Attraktion“ jedoch nie los.

Die Hörstücke sind nur zum Teil leichte Unterhaltung im Rahmen einer geschmeidigen Geschichtsstunde. Diesen Teil spricht Pierre Sanoussi-Bliss. Der einordnende Teil wird von Danielle Rosales gesprochen – und der kratzt im Ohr. Beim Kolonialhandel ging es nicht um Geschäfte auf Augenhöhe; Kunst wurde meist nicht erworben, sondern gestohlen, mitunter in Verbindung mit Grabschändungen. Ging es um ein Erforschen des Fremden, war immer klar, wer der Entdecker war und wer der Entdeckte. Pflanzen und Tiere wurden auf die Schiffe verladen, ohne das Wissen über den Umgang mit den Erwerbungen mitzunehmen.

Warum das kratzt? Die Selbsterhöhung wirkt bis heute. Auch die Scheu vor dem Fremden ist, wenn man sich ehrlich macht, Teil unserer Kultur. Anderssein wird vielfach problematisiert und stigmatisiert. Das Autorenteam macht das an vielen Stellen deutlich, was das Hörvergnügen in einem positiven Sinne unangenehm macht.

„Spuren des Kolonialismus: Die Pfaueninsel“

Der Podcast (deutsch und englisch) kann kostenlos unter https://soundcloud.com/die-pfaueninsel abgerufen werden und ist zudem bei Spotify abrufbar.

Recherchen: Ursula Breymayer, Constantijn Johannes Leliveld
Texte: Constantijn Johannes Leliveld, Danielle Rosales
Sprecher: Lala Balbalola, Danielle Rosales, Pierre Sanoussi-Bliss
Produktion: Historicity GbR

Ein Podcast des Fachbereichs Kultur Steglitz-Zehlendorf zu (post)kolonialen Bezügen auf der Pfaueninsel. Gefördert mit Mitteln des Bezirkskulturfonds der Senatsverwaltung für Kultur und gesellschaftlichen Zusammenhalt / Unterfonds Aufarbeitung der Kolonialgeschichte.

Daniela von Treuenfels

 

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