Zum Abschluss der Gründerwoche hatte die .garage berlin zu einer Podiumsdiskusion eingeladen, Thema war „Gründung 2030″, über das  Prof. Dr. Sven Ripsas, Hochschule für Wirtschaft und Recht (HWR), Fachbereich Wirtschaftswissenschaften, George Papa, Architekt und Geschäftsführer der Bildungsplattform scooland und Thomas Mampel, Geschäftsführer der .garage und des Stadtteilzentrums Steglitz mit Guido Neumann, Projektleiter der .garage, Gästen und Besuchern am Freitag diskutierten.

Sven Ripsas, Inhaber des Lehrstuhls für Entrepreneurship an der HWR und Initiator des Businessplan-Wettbewerbs Berlin Brandenburg, vertrat die Meinung, Entrepreneurship sei ein zentrales Bildungsthema, vor allem für Sekundarschulen. Ripsas wunderte sich, dass das Land Berlin diesen Bereich – seit 2005 ein formuliertes Bildungsziel der EU – nach wie vor so wenig fördert. Der Verein NFTE Deutschland e.V. – Network for Teaching Entrepreneurship hilft, die Chancen auf dem modernen Arbeitsmarkt für junge Menschen durch die Förderung von Eigeninitiative, unternehmerischem Denken und Handeln zu verbessern, auch durch Lehrerfortbildungen im Bereich Entrepreneurship.

Thomas Mampel äußerte – nach seiner Vision für 2030 gefragt – die Hoffnung, dass die zahlreichen institutionellen Hilfsangebote bis dahin überflüssig geworden seien. Mit der gleichen Selbstverständlichkeit, die wir jetzt bei der Generation der Digital Natives beobachten, würde dann die Generation der „Entrepreneurial Natives“ ihr (Arbeits)Leben gestalten. Seine Vorstellung von Bildung liege in einer Arbeit mit Jugendlichen, die vorhandene Unternehmerkompetenzen anerkennt und innerhalb gesellschaftlich verträglicher Normen fördert, anstatt durch schulische Misserfolge zu stigmatisieren. Er nannte diese Initiative „Youth Collaboration“.

George Papa konnte aus seiner internationalen Perspektive heraus den Eindruck bestätigen: Gründer haben es in Deutschland außerhalb von Institutionen immer noch schwer. Dies habe zum einen mit einer mangelnden Kultur des Scheiterns zu tun, zum anderen mit einem Klima des Misstrauens, das Existenzgründern im Umgang mit Bürokratie und Verwaltung noch zu häufig entgegen schlage. Papa vertrat die Ansicht, dass die geforderte Flexibilität von Märkten und Gesellschaft bis 2030 darin münden werde, dass es fast ausschließlich selbstständige Unternehmer geben werde, die sich in Netzwerken organisieren.

Ein solcher arbeitsmarktpolitischer und gesellschaftlicher Wandel berge natürlich eine große Herausforderung für die Gestaltungsfähigkeit von Lebensabschnitten und Arbeitsprozessen eines jeden Einzelnen.  Die sich abzeichnende Entwicklung hieße: „Sichere“ Arbeitsverhältnisse in der Rollenzuschreibung Chefs und Angestellte werden Teil der Geschichte. Und Arbeit passt sich immer stärker an unterschiedliche Lebensphasen an. Wenn dies zutrifft, habe nicht der hoch spezialisierte Nischenanbieter die besten Überlebenschancen, sondern derjenige, der als Inputgeber oder Moderator im Sinne des „Lead Entrepreneur Management Teams“ Prozesse steuert und ressourcenorientiert entwickelt.

Die Wunschliste der Diskutanten war lang. Forderungen an die politischen Vertreter, mit denen die Diskussion hoffentlich schon bald gemeinsam fortgesetzt werden kann, sind im Kern:

– Fördert Entrepreneurship endlich stärker an den Schulen. Unterstützt ein Umdenken aller Beteiligten durch Taten.
– Lasst Existenzgründer die ersten drei Jahre in Ruhe arbeiten!
– Gewerbesteuer in den ersten drei Jahren nach Gründung senken oder temporär aussetzen!
– Entmystifiziert Unternehmertum! Selbstständigkeit ist normales Arbeiten unter leicht veränderten, erlernbaren Rahmenbedingungen.
– Unterstützt ein positives Klima für Existenzgründungen, verringert den bürokratischen, rechtlichen und steuerlichen Aufwand!
– Lehrstuhlinhaber für Entrepreneurship gibt es an 90 deutschen Hochschulen. Ladet diese Experten ein zu einem Entrepreneurship-Gipfel!

(sn)