„Die Mädchen sollen sich über ihre Belange bewusster werden und sie bearbeiten“, das ist die Idee hinter der Open Space-Veranstaltung „Politik sucht Mädchen – Mädchen suchen Politik“, die am Dienstag im Rathaus Zehlendorf stattfand, erläuterte Dorothee Brinkmann. Brinkmann ist zuständig für die Jugendförderung im Bezirksamt und hatte zusammen mit der AG Mädchenförderung zum zweiten Mal zu dieser Veranstaltung eingeladen.
Rund 80 Mädchen aus verschiedenen Schulen des Bezirks strömten um 9 Uhr in den Bürgersaal. Im Vorfeld hatten sich bereits bei zwei Workshops jeweils 30 Mädchen Gedanken darüber gemacht, was sie bewegen wollen, welche Themen sie berühren, erzählte Brinkmann. Daraus wurden fünf Kategorien, zu denen sich die Teilnehmerinnen an diesem Tag austauschen, Ideen entwickeln aber auch mit verantwortlichen Politikern und Unternehmensvertretern ins Gespräch kommen wollten. Dabei ging es um die Schwerpunkte Schule und Bildung, Internet, Öffentlicher Nahverkehr, Freizeitmöglichkeiten sowie Natur- und Umweltschutz.
Für letzteres Thema begeisterten sich Emma und Helena von der Mühlenau-Grundschule. Sie wollen mehr Bewusstsein für die Umwelt schaffen, erklärten die beiden Fünftklässlerinnen. Sie wollen die Menschen dazu bewegen, sich umweltbewusster zu ernähren und dass die Schüler sich nicht mehr so häufig mit dem Auto zur Schule bringen lassen, sondern lieber laufen oder mit dem Fahrrad fahren, sagten sie. „Die Menschen sollen darauf achten, ihren Müll nicht in der Gegen herum liegen zu lassen“, sagte Helena und führte als Beispiel den Park am Dreipfuhl an. „In jeder Ecke liegt da Müll“.
Leonie und Myriam von der Droste-Hülshoff-Schule engagierten sich für das Thema Bildung. „Ich finde es Scheiße, dass das Schulsystem geändert wurde“, brachte Leonie ihren Unmut auf den Punkt. Die Zehntklässlerin und ihre Freundin landeten durch das neue Losverfahren auf einer Schule, auf die sie nicht wollten. Und dass das Abitur nun in zwölf statt 13 Jahren geschafft werden muss, gefiel ihnen ebenfalls nicht. Aber auch das Thema Öffentlicher Nahverkehr brannte den beiden Schülerinnen auf den Nägeln. Sie hätten ohnehin schon lange Fahrwege zur Schule, wenn aber die Bahnen und Busse noch zu spät kommen, verlängere sich ihre Fahrt noch mehr. Und das ärgere sie. Deshalb waren Leonie und Myriam auch schon in den vorbereitenden Workshops aktiv. „Wir tun das ja für uns“, begründeten sie, warum sie sich engagieren und nicht alles still hinnehmen wie so viele andere. „Wir erhoffen uns, dass wir was bewegen“, sagten sie. Deshalb hatten sie sich auch fest vorgenommen, mit der Mitarbeiterin der Berliner Verkehrsgesellschaft (BVG) zu reden, die zu der Veranstaltung gekommen war.
Doch nicht alle Mädchen kamen mit Themen und Ideen im Kopf ins Rathaus. Adriane und Marie von der Montessorie-Gemeinschaftsschule wussten noch nicht, was sie erwartete. Sie hatten von einer Freundin von der Veranstaltung erfahren und schauten nun, was auf sie zukam.
Mit „Leidenschaft und Verantwortung“ – so die Schlagworte des Open Space – entließ Silvia Härtel vom Spiel und Action e.V. die Schülerinnen in die Diskussionsrunden. Später sollten die Politiker und Verantwortlichen dazu kommen.
Das Ergebnis der Veranstaltung sei offen, erklärte Brinkmann. Wie die Ergebnisse aussehen, wisse man noch nicht, und auch ob die Mädchen einen Partner für ihr Anliegen gewinnen können, sei nicht gewiss.
Brinkmann freute sich über die gute Resonanz, auch wenn bei der ersten Veranstaltung im vergangenen Jahr rund 30 Teilnehmerinnen mehr dabei gewesen waren. Zwar erreiche man hauptsächlich Mädchen, die sich ohnehin engagieren, gab Brinkmann zu. Aber nicht nur. Auch Schülerinnen, die sich bisher noch nicht eingebracht hatten, seien in den Workshops dabei gewesen und hätten dadurch noch einmal „einen Kick“ bekommen.
Nach der ersten Veranstaltung im vergangenen Jahr sei nicht viel passiert, bedauerte Brinkmann. „Die Anliegen uferten aus“, vermutete sie als Grund. Mehr als 50 hatten die Mädchen damals zusammengetragen. In diesem Jahr hat man die Anliegen nun auf 20 begrenzt. „Wir müssen nachhaltiger werden“, so Brinkmanns Ziel.
(go)