Ernst Ludwig Kirchners "Artistin - Marcella" ist eines der beliebtesten Bilder des Brücke-Museums. Es wurde 1997 erworben.

Ein Museum ist nie vollständig – immer gibt es noch ein Bild, das fehlt, das man gern hätte oder das gut in die Sammlung passt. Seine schönsten Erwerbungen der vergangenen 25 Jahren zeigt derzeit das Brücke-Museum in seiner Sommerausstellung. 462 Kunstwerke hat das Museum bis heute erworben – die mehr als 500 Briefe und Drucksachen nicht mitgezählt. 121 dieser Arbeiten haben es in die Sommerausstellung geschafft.

Im Mittelpunkt der Erwerbungsstrategie des Brücke-Museums standen die Werke Ernst Ludwig Kirchners, berichtet Cathy Stoike, zuständig für Presse und Öffentlichkeitsarbeit. Der Künstler beging bereits 1938 Selbstmord, seine Werke sind weit verstreut und teuer. „Es fehlten die wichtigsten Perioden“, erläutert Stoike.

Aus Kirchners Pinsel stammt eines der beliebtesten Bilder im Museum: Artistin – Marcella. Es zeigt das Mädchen Fränzi Fehrmann in einem grüngestreiften Badeanzug, das gemütlich auf dem Sofa im Atelier sitzt, zu ihren Füßen eine Katze. Erworben hat das Museum dieses Bild 1997 aus Privatbesitz, mit Mitteln der Stiftung Deutsche Klassenlotterie.

Stoike mag die Straßenszenen Kirchners, die 1913/14 in Berlin entstanden. Der Künstler war 1911 nach Berlin gezogen und beeindruckt von der Lebendigkeit, dem Gewimmel auf den Straßen und der Geschwindigkeit der Großstadt. Einige Skizzen, die dieses Straßenleben festhalten, zeigt das Museum. Besonders angetan hat es Stoike das Bild „Im Café“ von 1904. Der nur 9,4 mal 12,8 Zentimeter große Farbholzschnitt zeigt ein Treffen der Künstler. Sie mag den „unverkrampften Umgang der Geschlechter bei den Brücke-Künstlern“, so Stoike. In vielen Bildern herrsche diese „bohémehafte Atmosphäre“.

Weitere Bilder Kirchners in der Schau sind Eindrücke von seiner Urlaubsinsel Fehmarn, Szenen aus Nachtcafés, Porträts von Freunden, Weggefährten und sich selbst und Illustrationen zu Adelbert von Chamissos „Peter Schlehmils wundersame Geschichte“ von 1814. Dass sich Kirchner 1915 gerade für diese Geschichte entschied, hatte autobiografische Gründe. Kirchner hatte den Kriegsdienst vorzeitig beenden müssen, er war psychisch labil, fühlte sich „entmenschlicht, als fehlte ihm ein Teil seiner selbst, so wie im Roman dem Schlemihl der Schatten fehlt“, erläutert Stoike.

Um die Schau zu ergänzen wurden aber auch Werke anderer Brücke-Künstler gekauft. So Holzschnitte von Karl Schmidt-Rottluff aus der Anfangszeit der Brücke. Wie den „Veseler Hafen“ und „Strandkörbe“ von 1909, die von Schmidt-Rottluffs Aufenthalten in Dangast an der Nordsee zeugen. Drucke wie „Modell“ und „Haus hinter den Bäume“, die zwei Jahre später entstanden, verdeutlichen, wie sich Schmidt-Rottluff in seinem Werk zunehmend auf geometrische Formen orientierte. Besonders deutlich wird dies in „Villa mit Turm“ aus dem gleichen Jahr. Die Bildelemente sind stark vereinfacht, abstrahiert und auf geometrische Formen reduziert. Diese Käufe wurden ermöglicht durch die Karl und Emy Schmidt-Rottluff-Stiftung.

Zu den „kleinen Schätzen“ der Schau gehört Erich Heckels „Ananas-Esser“. Es ist eine Postkarte, auf der Heckel seinen Künstler-Kollegen Kirchner festhält, der eine Ananas – eine damals in Europa seltene Frucht – anschneidet. Die Frucht ist proportional übergroß. Freunde des Künstler hatten ihm die Ananas von einer Reise aus Südamerika zugeschickt. Mit der Karten bedankt er sich bei ihnen.

Weitere Erwerbungen sind etwa die Akrobaten-Serie von Max Pechstein oder das sehr bekannte „Drei Akte in Landschaft“ von Otto Mueller.

Dass es dem Museum immer wieder gelingt, solche Werke zu erwerben, liege vor allem an den guten Kontakten, die die Museumsdirektoren zu Sammlern und Kunsthändlern haben. Dadurch erfährt man, wenn Sammlungen aufgelöst werden oder erhält einen Tipp, wenn ein Bild verkauft werden soll, erklärt Stoike.

In der Ausstellung des Museums ist nur ein kleiner Teil des Bestandes zu sehen, bestätigt Stoike. Bestimmte Grafiken und Zeichnungen zeige man selten. Gemälde – wie Kirchners „Marcella“ und Muellers „Drei Akte“ seien hingegen häufiger zu sehen.

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Die Ausstellung „Meisterstücke – Die schönsten Neuerwerbungen des Brücke-Museums“ ist noch bis 6. Oktober zu sehen, täglich außer dienstags von 11 bis 17 Uhr. Zur Schau ist ein 264 Seiten starker Katalog erschienen, der für 18 Euro erhältlich ist.

(go)