Kraftwerk Steglitz | Foto: Daniela von Treuenfels

 

Wilde Pläne, wilde Gerüchte und auch sonst wenig Ruhe: Für das Gelände des ehemaligen Kraftwerk Steglitz wurde wieder ein Zwangsversteigerungsverfahren beantragt. Dass es zu einem Termin kommt, scheint eher unwahrscheinlich.

So bekräftigt es zumindest der Geschäftsführer der SF Grambin Beteiligung GmbH, Steffen Fräbel. Die Gesellschaft hatte das Gelände an der Birkbuschstraße vor etwas über einem Jahr im Rahmen einer Zwangsversteigerung erworben. Das Gebot war mit 141 Millionen Euro spektakulär hoch, die Bietzeit stellte sich im Nachhinein als Scheinverhandlung heraus, die Stadtrand-Nachrichten berichteten mehrfach.

Zu einer Zwangsversteigerung kommt es, wenn ein Gläubiger diese beantragt. Der Termin im Juni vergangenen Jahres wurde auf Wunsch des Finanzamtes Steglitz anberaumt, die Vorbesitzer hatten unter anderem Steuerschulden. Der aktuelle Antrag, von dem zunächst die Berliner Zeitung berichtete, kam laut der jetzigen Eigentümerin von einem Immobilienfonds aus Shanghai. Wie alle anderen geprellten Investoren habe das Unternehmen bisher kein Geld bekommen, wie Steffen Fräbel erklärt. Der Insolvenzverwalter der vorigen Eigentümer habe gegen die Verteilung, das ist die Aufteilung des Höchstgebotes (in diesem Fall der sogenannten Forderungsübertragung) an die Gläubiger, pauschal Widerspruch eingelegt. Daher habe bisher an keinen der Gläubiger Geld gezahlt werden können. Eine Firma habe daraufhin eine nochmalige Versteigerung beantragt. Das sei mittlerweile geklärt, einen Termin werde es definitiv nicht geben, so Fräbel.

Die Aussagen des Grambin-Geschäftsführers einzuordnen, ist derzeit nur eingeschränkt möglich. Besagte Insolvenzverwaltung, die Kanzlei Buchwaldt aus Hamburg, beantwortete auch diesmal die Fragen der Stadtrand-Nachrichten nicht. Die Pressestelle der Berliner Gerichte hat den Antrag auf Wiederversteigerung bestätigt. Da ein Versteigerungstermin bislang nicht anberaumt sei, sei das Verfahren nichtöffentlich. Konkrete Angaben zu beteiligten Gläubigern und zu einzelnen Verfahrenshandlungen seien daher nicht möglich, erklärt eine Sprecherin.

Derweil beginnen am Teltowkanal erste kleinere Arbeiten. „Zwischenzeitlich haben wir bereits damit begonnen, den Uferstreifen inklusive der historischen Schiffsanlegestelle zu sichern und wieder nutzbar zu machen“, so der Unternehmer. In naher Zukunft solle dieser Bereich der Öffentlichkeit zugänglich gemacht werden. Darüber hinaus seien „in der aktuellen Übergangs- und Planungsphase verschiedene kulturelle Veranstaltungen geplant – darunter Ausstellungen und musikalische Events –, um das Gelände in einem sinnvollen und gemeinwohlorientierten Rahmen zu beleben.“

Parallel kämpft Fräbel darum, auf dem Gelände Wohnungen bauen zu können. Besonders der Denkmalschutz einzelner Gebäude ist ihm ein Dorn im Auge. Die ursprüngliche Nutzung der Hauptgebäude, insbesondere als Kraftwerk einschließlich der Gasturbinenanlage, des Wassereinlaufgebäudes und des Fernabspannwerks – sei heute „vollständig erloschen“. Und weiter meint der Bauherr: „Eine Reaktivierung dieser baulichen Anlagen für ihre ursprünglichen Zwecke oder eine wirtschaftlich tragfähige Folgenutzung ist unter den heutigen technischen und wirtschaftlichen Rahmenbedingungen ausgeschlossen.“

Besonders kritisch sieht Fräbel die Erweiterung des Schutzumfangs im Jahr 2020, bei der unter anderem Gebäude wie das Pförtnerhaus, Garagengebäude und die Gasturbinenanlage unter Denkmalschutz gestellt wurden. „Eine pauschale Einbeziehung solcher Nebengebäude ohne tatsächliche schutzwürdige Substanz erscheint daher weder denkmalfachlich geboten noch verhältnismäßig.“

 

Birkbusch 4.0 | Visualisierung: SF Grambin Beteiligung GmbH

 

Fräbel denkt groß: „Birkbusch 4.0“ heißt sein „Grobkonzept“ mit der Unterzeile „Vom Kraftwerk zum Quartier – Urbane Transformation in Steglitz“. Als beispielhafte Vorbilder nennt er das Tabakquartier in Bremen, die Kolbenhöfe in Hamburg oder das Wohnquartier Lindenhof in Lichtenberg. Alle drei Projekte haben die Neuinterpretation von denkmalgeschützten Ensembles zum Thema.

An der Birkbuschstraße plant die SF Grambin Beteiligung GmbH eine massive Nachverdichtung. Die bebaute Fläche soll um 850 Quadratmeter wachsen. Die Geschossfläche soll um das gut zweieinhalbfache steigen, vor allem durch den Bau eines zehngeschossigen Wohnhauses. Das Bauvolumen würde sich dadurch fast verdoppeln. Der Wohnanteil soll mit 90 % deutlich überwiegen.

Man könnte meinen, die Gesellschaft hat nicht gewusst was sie da gekauft hat. Auch im Gutachten, das im Rahmen des Zwangsversteigerungsverfahrens angefertigt wurde, wurde auf den Zustand der Gebäude und den Denkmalschutz ausführlich hingewiesen. Der Wert wurde daher auch mit einem Minusbetrag beziffert.

Stadtrat Patrick Steinhoff (CDU) erklärt denn auch, am Denkmalschutz in jedem Fall festhalten zu wollen. Auch Wohnungsbau, wie ihn der Investor realisieren möchte, lehnt der Dezernent mit Hinweis auf den Flächennutzungsplan ab. Das Kraftwerk Steglitz liegt in einem Bereich, der als Gewerbegebiet definiert ist. Ein Hotel sei hier denkbar, oder so etwas wie Werkswohnungen, wenn der Betrieb auf dem Gelände liegt, sagt der Stadtrat. Was den Eigentümern genau vorschwebt, weiß das Bezirksamt bisher nicht. „Eine Bauvoranfrage liegt uns noch nicht vor“, so Steinhoff, also auch nichts worüber man reden könne.

Wie angespannt und misstrauisch das Agieren der neuen Besitzer verfolgt wird, ließ sich in diesen Tagen beobachten. Ein nächtlicher Polizeieinsatz auf dem Gelände des ehemaligen Kraftwerks sorgte in der Nachbarschaft für wilde Spekulationen. Der Bezug Steffen Fräbels zur Familie Abou-Chaker war wieder einmal Gegenstand der Gespräche, genauso wie der ruppige Umgang im vergangenen Sommer mit einigen Mietern. Auch bei den Stadtrand-Nachrichten meldeten sich besorgte Personen.

Dabei war das Grundstück der Grambin Gesellschaft gar nicht betroffen. Vermutlich ein Obdachloser hatte am Mittwoch Abend an der Teltowkanalstraße beim Betreten des Grundstücks Nummer 15 den Bewegungsmelder ausgelöst und damit den Sicherheitsdienst alarmiert. Diese wurden nach Polizeiangaben daraufhin bedroht und teilweise verletzt. Weil der Obdachlose mit dem Gebrauch einer Schusswaffe drohte, sperrte die Polizei die Gegend weiträumig ab, auch ein Hubschrauber mit Suchscheinwerfer war im Einsatz. Der 45Jährige wurde schließlich festgenommen, in seiner Behausung im benachbarten Grünstreifen fanden die Beamten neben mehreren Cannabispflanzen verschiedene Schusswaffen.

Auf dem gesamten Areal zwischen Teltowkanal, Birkbuschstraße und Teltowkanalstraße liegt das frühere Kraftwerk Steglitz. Ein Teil gehört heute der landeseigenen Gesellschaft Stromnetz Berlin, in der ehemaligen Batteriespeicheranlage befindet sich das von ehemaligen Bewag-Mitarbeitern ehrenamtlich geführte Berliner Energie-Museum. Der Grundstücksteil entlang des Teltowkanals befindet sich in Privatbesitz, es gehört der SF Grambin Beteiligung GmbH.

Daniela von Treuenfels

 

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