Cerstin Richter-Kotowski, Heinrich Immel, Pfarrerin Dr. Rajah Scheepers, Architekt Frithjof Stockburger, Gerhard Poser von der Bauaufsicht und Pfarrer Jörg Zabka (von links) bei der Baustellen-Besichtigung. Foto: MiBa

Im August des vergangenen Jahres ist ein Stein aus der Turmspitze der 135 Jahre alten Matthäus-Kirche in Steglitz gefallen. Glücklicherweise wurde damals niemand verletzt, eine weitere mögliche Gefahr durch Steinfall durch eine vorübergehende Gelände-Absperrung gebannt. „Und ein Gerüst musste aufgestellt werden“, denkt Rajah Scheepers, Pfarrerin der 4.500 Mitglieder zählenden Evangelischen Matthäus-Gemeinde, zurück.

Der Sanierungsprozess und das dafür notwendige Auftreiben von Spendengeldern und Finanzquellen wurden daraufhin sofort eingeläutet. Die Kirchturm-Glocken jedoch haben seither nicht mehr geläutet. Diese und auch die Turmuhr stehen seit dem Steinfall still, bis die Sanierung der baufälligen Backstein-Spitze, die aus einzelnen Steinen geformt und vermauert worden ist, voraussichtlich im September 2016 abgeschlossen sein wird.

Das Gerüst am Kirchturm der Matthäuskirche ist derzeit auf 36 Meter angewachsen

Mitte November haben die Sanierungsmaßnahmen an der großen neogotischen Kirche mit dem Aufstellen des Gerüstes begonnen. „Der erste Schritt der Baumaßnahme ist getan“, teilt Dr. Scheepers bei der Baustellenbesichtigung am Dienstagnachmittag mit. Bis dato hat das 140.000 Euro teure Gerüst eine Höhe von rund 36 Metern. „Ungefähr zehn Etagen höher muss es wohl noch werden“, sagt Diplom-Ingenieur Frithjof Stockburger. Er ist der verantwortliche Architekt sowie Kirchturm- und Kirchbau-Experte. „Das Besondere an dieser Kirchturmspitze ist der vermauerte Steinkorpus. Nun müssen die Steine der obersten vier Meter der Spitze einzeln abgetragen werden und sollen, abhängig von ihrem Zustand, für die Wiederherstellung wieder verwendet werden. Andernfalls müssen sie nachgefertigt werden“, so Stockburger, der unter anderen bereits die Heilige-Geist-Kirche in Moabit und die Heilandskirche in Alt-Moabit restauriert hat. „Die Abtragungsmenge wird ungefähr vier bis fünf Tonnen an Gewicht betragen“, schätzt er.

Die Ursache für den bedrohlichen Schaden und einen möglichen Einsturz der Spitze ist ein Riss in der Verankerung des Kreuzes. „Dieser Riss ist durch Windkräfte entstanden. Und aus dem Stein-auf-Stein gemauerten Turm-Helm haben sich Steine gelöst“, schildert Stockburger die Ausgangssituation. Doch in allen Flächen befinden sich unterschiedlich lange und breite Risse, die teilweise das Mauerwerk durchtrennen und Regenwasser eindringen lassen. Die Turmspitze werde derzeit nur noch von der alten, tiefer liegenden Verankerung gehalten.

Die Sanierung des Kirchturmes wird rund 830.000 Euro kosten. Durch eine von der Kirchengemeinde ins Leben gerufene Stein-Patenschaft für fünf Euro pro Stein wurden insgesamt 66.000 Euro gesammelt. Die Stein-Paten sind an einer Dankestafel in der Kirche namentlich verewigt und sind im Besitz einer persönlich ausgestellten Patenschaft-Urkunde. Kirchenmitglieder, auch Nichtmitglieder und viele Institutionen haben für die Restaurierung gespendet, es wurden Benefiz-Veranstaltungen organisiert, Förderanträge gestellt und einige Mittel bereits bewilligt.

Der Kirchenkreis konnte insgesamt 200.000 Euro für die Instandsetzung zur Verfügung stellen, die Lotto-Stiftung habe eine Zuwendung in der Höhe von 300.000 Euro bewilligt, das Landesdenkmalamt und die Deutsche Stiftung Denkmalschutz haben großen Spendentopf aufgemacht. „Das Spendenaufkommen ist legendär und ein kleines Wunder“, freut sich Dr. Scheepers, die seit 15 Monaten als Pfarrerin in Amt und Würden ist, über die bereitwillige monetäre Unterstützung für ihre Kirche. Denn die Matthäus-Kirche ist nicht nur Wahrzeichen, sondern „die alte Steglitzer Kirche“. „Sie ist die Mutter von allen. Markus- und Lukaskirche wurden erst später gebaut“, erklärt Heinrich Immel, Pfarrer der Matthäus-Gemeinde und Vorsitzender der Bauaufsicht und des Kirchenkreises Steglitz. Auch Bezirksstadträtin Cerstin Richter-Kotowski (CDU) lobt das große und breit gestreute Engagement der Bevölkerung sowie der Institutionen: „Wenn sich so viele verschiedene Menschen zusammentun, ist das wirklich etwas Besonderes“. Insgesamt 710.000 Euro konnten für die geplanten Baumaßnahmen und deren Durchführung bereits aufgebracht werden. „Nun fehlen noch 120.000 Euro“, sagt Pfarrerin Scheepers und hofft auf weitere Unterstützung, damit die Glocken über Steglitz wieder läuten und die Turmuhr schlagen kann. Eine Steinpatenschaft könne weiterhin in Anspruch genommen werden. Auch ein Spendenkonto wurde eingerichtet.

Spendenkonto: Ev. Kirchenkreisverband Berlin Süd-West-Matthäus

IBAN: De 60 5206 0410 2303 9663 99

Ev. Bank eG

Verwendungszweck: Kirchturm

 (MiBa)