
Auf dem Podium war man sich einig: FU-Präsident André Alt, Bezirksbürgermeister Norbert Kopp und Christfried Tschepe vom Fahrgastverband wollen die Umbenennung. Foto: Gogol
Soll der U-Bahnhof „Thielplatz“ in „Freie Universität Berlin“ umbenannt werden? Darüber diskutierten am Dienstagabend Freie Universität (FU) und Bezirksamt mit interessierten Anwohnern. Die Meinungen waren gespalten. Als Moderator Ingo Hoppe während der Diskussion um Handzeichen bat, wer für eine Umbenennung ist und wer dagegen, hielten sich die Stimme in etwa die Waage.
Zunächst hatten die drei Herren auf dem Podium ihre Meinung dargelegt. Professor Dr. André Alt, Präsident der Freien Universität Berlin, Bezirksbürgermeister Norbert Kopp (CDU) und Christfried Tschepe, Vorsitzender des Berliner Fahrgastverbandes IGEB e. V waren einhellig für eine Umbenennung.
Alt hatte per Image-Film und Vortrag seine Hochschule vorgestellt, deren Geschichte und heutige Bedeutung für den Wissenschaftsstandort Berlin. Mit rund 4.230 Mitarbeitern sei man ein großer Arbeitgeber im Bezirk, zudem ziehe man Studenten und Wissenschaftler aus aller Welt hierher betonte Alt. Der U-Bahnhof „Thielplatz“ liege im „historischen Campus“ führte er aus, viele der großen Institute seien von dort aus fußläufig innerhalb von acht Minuten zu erreichen.
Hugo Thiels Leistungen bei der Aufteilung der Domäne Dahlem will Alt auf keinen Fall mit einer Umbenennung schmälern. Aber er habe ja immer noch die Thielallee und den Thielpark.
Für Kopp ist die FU eine herausragende Universität, deshalb sei es wichtig, dass sie auch in den Verkehrsplänen zu finden sei, sagte er. Es diene als Orientierung. Eine Umbenennung findet er angemessen, aufgrund der Bedeutung der Hochschule für den Bezirk und für Berlin.
„Den Thieplatz gibt es nicht“, erklärte Tschepe, während die Freie Universität eine überragende Bedeutung habe, der man mit einer Umbenennung Rechnung tragen würde. Argumente der BVG, dass es ja mehrere Stationen gibt, die zur Universität führten, wies er mit Verweis auf andere Bahnhöfe zurück. Es gebe auch einen Bahnhof „Wilmersdorfer Straße“, obwohl man die Straße an sich auch von anderen Stationen aus erreicht.
Bisher waren Kosten von 300.000 Euro für die Umbenennung durch den Raum gegeistert. Doch die würde nur anfallen, wenn man sofort, ohne weitere Verzögerungen an die Arbeit gehe. Aber das sei gar nicht geplant, erläuterte Alt. Man könnte die Umbenennung des Thielplatzes mit der der Neuen Grottkauer Straße in „Kienberg-Gärten der Welt“ 2017 zusammenlegen. Das würde die Kosten deutlich reduzieren, so der FU-Präsident. Zahlen nannte er aber nicht. Georg Boroviczeny (Piraten) ergänzte, dass es 2017 weitere Änderungen in den Plänen der BVG geben werde, weil dann die U-Bahn-Linie 5 fertiggestellt wird. Da könne die Umbenennung nebenbei mitgenommen werden. Aufbringen muss die Universität das Geld allein.
Die Argumente der Gegner waren meist emotionaler Art. „Wir sind alte Dahlemer. Wir hängen an dem Namen“, sagte eine frühere Studentin der FU und heutige Anwohnerin. „Der Bahnhof trägt seit über 100 Jahren den Namen, den können wir nicht einfach über Bord werfen“, fand ein anderer Anwohner. Andere wandten ein, dass der U-Bahnhof Dahlem-Dorf von den Studenten viel häufiger genutzt würde als der Thielplatz. Das neue Studenteninformationszentrum liege etwa an der Iltisstraße und damit neben Dahlem-Dorf, führte ein Anwohner an. Einen der vier Bahnhöfe, die man als Student nutzen kann, um die Einrichtungen der Universität zu erreichen, in „Freie Universität“ umzubenennen, sei eine Irreführung, ergänzte ein anderer. „Sollen die erst alle zum Thielplatz fahren?“, fragten sich einige der Zuhörer. Doch dem widersprach Alt. Die Verteilung sei ein Drittel zu zwei Drittel zugunsten des Thielplatzes.
Ein Anwohner verwies auf andere bedeutende Universitäten, wie in Los Angeles, New York, London und Wien. Die U-Bahn-Stationen dort seien auch nicht nach ihnen benannt. „Wir sind in hervorragender Gesellschaft“, befand er. „Die Freie Universität bracht keinen Bahnhof, sie strahlt von ganz allein, betonte ein weiterer Bürger.
Doch im Publikum gab es durchaus auch Zustimmung zur Umbenennung. Eine Anwohnerin vom Schwarzen Grund, die in den 1960er Jahren selbst an der FU studiert hatte, betonte, wie stolz sie damals gewesen sei, hier studieren zu dürfen. Nach der Wiedervereinigung sei aus historischen Gründen die Humboldt Universität in aller Munde, eine Umbenennung würde den Fokus wieder auf die FU rücken und zum Nachdenken über den Namen anregen, zeigte sich die Frau überzeugt. Ein Anwohner fand, dass eine Identifikation mit der Freien Universität dringend notwendig sei. Dieses Argument griff auch David Eckel, Mitglied der Bezirksverordnetenversammlung für CDU und ebenfalls Anwohner, auf. Die Universität sei für Dahlem zentral für eine Identitätsstiftung; „ansonsten wäre es nur ein Reichenwohnort“, sagte er. Und wenn eine Umbenennung weder Aufwand noch Kosten für den Bezirk verursache, sei er dafür.
Als Alternative wurde über eine Klammersetzung nachgedacht, so dass „Thielplatz“ und „Freie Universität“ auf dem Schild vertreten wären. Doch das lehnte Alt ab: Wenn eine Umbenennung, dann mit allen Konsequenzen. Allerdings würde der Schriftzug am U-Bahn-Gebäude wahrscheinlich erhalten bleiben, weil beides unter Denkmalschutz steht.
Zumindest bei einem Anwohner hatte die Diskussion zum Meinungsumschwung geführt. Als Anwohner habe er der Umbenennung eigentlich kritisch gegenüber gestanden, sagte ein Bürger. Doch die Diskussion habe seine Ansicht geändert. „Es ist ein legitimes Bedürfnis der Freien Universität, sich als Marke herauszustellen. Das ist wichtig für Dahlem“, betonte er.
Ob es eine Bürgerbefragung geben soll, dazu sagte Kopp weder Ja noch Nein. Doch er machte klar, dass eine Befragung über die Anwohner des Bahnhofes hinausgehen müsse, weil die Universität berlinweite Strahlkraft habe. „Der U-Bahnhof gehört nicht den Anwohnern“, sagte er. Anders als bei der Treitschkestraße, die Alf Jarosch ins Spiel brachte und deren Umbenennung am Anwohnervotum gescheitert war, gebe es hier keine persönliche Betroffenheit, führt Tschepe aus. „Keiner hat die Adresse Thielplatz. “
Der Abend sollte ein erstes Stimmungsbild zeichnen. Entschieden ist über die Umbenennung noch nicht. Weitere Gespräche mit der BVG und dem Senat stehen an.
(sn)