Bebauungspläne im Berliner Südwesten | Grafik: Senat Berlin (Screenshot Geoportal)

 

Das „Gesetz zur Beschleunigung des Wohnungsbaus und zur Wohnraumsicherung“ des Bundes ist jetzt in Kraft. Ob der Bauturbo seine PS auf Grundstücke im Berliner Südwesten bringt, liegt allein in den Händen des Bezirks. Auch für Wohnungen auf dem Gelände des Kraftwerks Steglitz eröffnen sich neue Möglichkeiten.

Der Grund für die neue Macht der Bezirke liegt in der im Gesetz festgelegten Stärkung der kommunalen Beteiligung. Aus der sonst geltenden „Einholung des Einvernehmens“ wird das „Erfordernis der gemeindlichen Zustimmung“, auf deren Erteilung kein Rechtsanspruch besteht – mit der Folge, dass die Entscheidung des Amtes nicht angefochten werden kann. Für Berlin bedeutet das, dass eine Klage von Bauwilligen gegen einen Bescheid des Bezirks nicht möglich ist. Wer als Bauherr die Möglichkeiten des „Bau-Turbos“ nutzen will, muss sich also mit dem Stadtplanungsamt einig werden.

Der sogenannte Bau-Turbo ist ein Bündel aus verschiedenen Gesetzesänderungen, die auf fünf Jahre befristet gelten. Sie haben das Ziel, den Bau von Wohnraum zu beschleunigen und zu vereinfachen. Nachverdichtung soll dort möglich werden, wo es städtebaulich verträglich, aber bisher wegen geltender Festsetzungen nicht möglich ist. Auch die Umnutzung von Büroflächen in Wohnungen soll zur Reduzierung von Leerstand beitragen. Geltende Vorschriften wie das Naturschutzrecht oder Denkmalrecht haben weiter Bestand.

Befristet bis zum 31. Dezember 2030 ist es so möglich, das festgelegte Maß der baulichen Nutzung zu überschreiten. Interessant ist das für Eigentümer von Gebäuden, deren Statik eine Aufstockung erlaubt oder wenn der ausreichende Abstand zum Nachbarn einen Anbau denkbar erscheinen lässt. Besitzer großer Grundstücke können unter Berücksichtigung geltender Vorschriften und der nachbarschaftlichen Rechte ohne die Einschränkungen der GFZ Neubauten planen.

„Wir sind gespannt, welche Anfragen wir von Seiten der Eigentümer erhalten werden“, sagt der zuständige Stadtrat Patrick Steinhoff. „Erste Erfahrungen aus anderen Städten in Deutschland zeigt, dass es dabei eher um kleinteilige Vorhaben mit bis zu 20 Wohneinheiten gehen wird.“ Für große Quartiersentwicklungen sei das Werkzeug nicht geeignet. „Hier müssten viel mehr Vorschriften und Gesetze entschlackt werden, um wieder schneller Bebauungspläne aufsetzen zu können.“

Ein Vorhaben mittlerer Größenordnung wie das Projekt Kraftwerk Steglitz könnte von besonderen Regelungen profitieren. Wie berichtet, möchte der Investor an der Birkbuschstraße Wohnbauten errichten, auch unter Einbeziehung der denkmalgeschützten Substanz. Der „Bau-Turbo“ würde nun eine Planung erlauben, obwohl der Flächennutzungsplan hier die Zweckbestimmung „Energie“ festlegt und obwohl kein Bebauungsplan existiert. Weil Ersteres in der Zuständigkeit des Landes Berlin liegt, müsste auch die Bauverwaltung diesem Vorhaben zustimmen.

Da die Grundfläche von 1,3 ha den Schwellenwert von 20.000 Quadratmeter nicht überschreitet, müsste auch keine Umweltverträglichkeitsprüfung durchgeführt werden.Der Rest ist Verhandlungssache, und der Einfluss des Bezirks kann durch das Aufsetzen eines städtebaulichen Vertrages erheblich sein. Rechtlich möglich wäre bei einem Projekt dieser Größenordnung auch eine Mischnutzung, um auch die nötige Infrastruktur für das kleine neue Quartier zu ermöglichen: Gastronomie, Läden oder soziale Einrichtungen.

Ob die Wünsche der Kraftwerks-Eigentümerin SF Grambin Beteiligung GmbH Realität werden, ist unklar. Stadtrat Patrick Steinhoff sagt: „Für das Kraftwerk Steglitz liegt mir und dem Bezirksamt weiterhin keine konkrete Planung vor. Ob hier der „Bauturbo“ anwendbar wäre, müsste zuerst auch von Seiten der Stadtplanung geprüft werden. Dies wird aber erst nach konkreten Vorstellungen der Eigentümer geschehen, sollten diese vorliegen.“

Daniela von Treuenfels

Die Informationen zum „Bau-Turbo“ wurden einem neuen Leitfaden der Berliner Bauverwaltung entnommen. Dieser wurde erstellt, um die Anwendung in der Berliner Praxis zu erleichtern und erklärt Abläufe und Anforderungen der Gesetze. Das 36seitige Dokument kann hier abgerufen werden: Arbeitshilfen – Berlin.de

 

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