Foto: Kontaktstelle PflegeEngagement

 

Pflegende Angehörige stärken, beraten und sichtbar machen – das ist die Aufgabe der Kontaktstelle PflegeEngagement, die gerade ihr 15jähriges Jubiläum feierte.

Nächstenliebe kann man nicht kaufen, Engagement auch nicht. Umso schöner ist es, wenn beides seine Wirkung entfaltet. „Exemplarisch fällt mir die erblindete ältere Dame ein, die so gerne gewandert ist und sich eine ehrenamtliche Begleitung für Spaziergänge wünschte“, antwortet Stephanie Hensche auf die Frage nach der besonderen Begegnung. „Nun sind es bereits neun Jahre, in denen eine bewegungsfreudige Ehrenamtliche mit der Dame einmal wöchentlich unterwegs ist. Anfangs waren es fünfstündige Wanderungen, mittlerweile sind beide älter und die Spaziergänge wurden kürzer.“

Stephanie Hensche ist Mitarbeiterin der Kontaktstelle PflegeEngagement, die an zwei Standorten (Villa Mittelhof in Zehlendorf und Nachbarschaftsladen Berlinickestraße in Steglitz) mittlerweile zu einer festen Größe in der Nachbarschaft und Anlaufstelle für Menschen in Pflegesituationen geworden ist. Die Kontaktstellen unterstützen Menschen, deren Welt sich verändert hat, weil eine nahestehende Person pflegebedürftig geworden ist: Mit Gesprächsgruppen für pflegende Angehörige, Beratung, Information und einem ehrenamtlichen Besuchsdienst.

„Dank unserer ehrenamtlichen Unterstützerschaft können wir direkt helfen, wo Hilfe besonders wertvoll ist: Bei alten Menschen, die oft vom sozialen Leben ausgeschlossen sind, weil sie allein nicht mehr vor die Tür kommen“, sagt Susanne Baschinski, Projektmitarbeiterin. Durch regelmäßige Besuche bei Menschen mit Unterstützungsbedarf entlasten die Freiwilligen Angehörige oder leisten Alleinlebenden, von Einsamkeit betroffenen Personen Gesellschaft.

Doch die Herausforderungen wachsen: Die Zahl älterer, pflegebedürftiger Menschen steigt, während soziale Isolation und die prekäre Versorgungslage in der Pflege zunehmen. In derzeit 8 professionell begleiteten Selbsthilfe- und Gesprächsgruppen haben Angehörige die Möglichkeit, sich über ihre Situation auszutauschen. „Das Gespräch mit anderen Betroffenen ist oft der erste Schritt, um neue Perspektiven zu entwickeln“, so Susanne Baschinski.

Die Kontaktstellen PflegeEngagement wurden 2010 berlinweit ins Leben gerufen, um für pflegebedürftige Menschen und ihre Angehörigen eine neue Form von Hilfeangeboten zu schaffen. Allein in Steglitz-Zehlendorf zählte die Kontaktstelle im Jahr 2024 rund 4200 Kontakte. „Diese Menschen haben an einer unserer moderierten Gesprächsgruppen für pflegende Angehörige teilgenommen, sind von Ehrenamtlichen unseres Besuchsdienstes unterstützt worden, haben Entlastungsgespräche in Anspruch genommen oder eine unserer Infoveranstaltungen besucht“, sagt Stephanie Hensche. Zum Angebot gehört auch eine telefonische Beratung für Menschen, die eine erste Orientierung in der häufig plötzlich eintretenden Pflegesituation suchen.

Heute sind die 12 Berliner Kontaktstellen eine wichtige Säule des Berliner Pflege-Netzes. Sie werden von der Senatsverwaltung für Wissenschaft, Gesundheit und Pflege Berlin, den Landesverbänden der Pflegekassen in Berlin sowie dem Verband der Privaten Krankenversicherung e.V. gefördert.

Reicht das? Um die zukünftigen Herausforderungen der alternden Gesellschaft bewältigen zu können, brauche es eine Reihe von Bedingungen, sagt Stephanie Hensche: Durch flexible Möglichkeiten der Vereinbarkeit von Beruf und Pflegeverantwortung, beispielsweise der Anrechnung der Pflegezeit bei der Rente oder Pflegejahre, solle die stationäre Pflege so lange wie möglich hinausgezögert werden. „Wir brauchen gesellschaftliche Anerkennung von Care-Arbeit, die mehr werden wird“, so die Projektmitarbeiterin. Und Angebote, um den Verbleib der Menschen in der Häuslichkeit zu ermöglichen, müssten ausgebaut und das freiwillige Engagement im Bereich Pflegeunterstützung attraktiver gemacht werden. Auch Strukturen müssten erweitert werden: Durch die Stärkung von Modellen „demenzfreundlicher Kommunen“, also Angeboten, die eine gesellschaftliche Teilhabe dementiell erkrankter Menschen ermöglicht, könnten Alltagskompetenzen länger erhalten bleiben.

Kontaktstelle PflegeEngagement: https://www.mittelhof.org/orte/beratungs-und-kontaktstellen/kontaktstelle-pflegeengagement/

Daniela von Treuenfels

 

 

 

Die Stadtrand-Nachrichten finanzieren sich durch Spenden ihrer Leserinnen und Leser.

Wenn es Ihnen hier gefällt, Sie etwas Spannendes entdeckt oder etwas Neues gelernt haben, können Sie uns via Paypal ein Trinkgeld dalassen.

Herzlichen Dank!

Hier geht es zu unserem Paypal-Konto