Es ist nicht immer leicht für junge Menschen, einen Ausbildungsplatz zu bekommen, schon gar nicht für jene, die schulisch oder sozial benachteiligt sind, denen, wie Ilka Biermann, Leiterin des Jugendamtes Steglitz-Zehlendorf, sagt, „die Ressourcen für die normale Arbeitswelt fehlen“.
Doch auch sie haben eine Chance, eine Ausbildung zu machen und den Einstieg auf den ersten Arbeitsmarkt zu schaffen – im Jugendausbildungszentrum (JAZ) Steglitz-Zehlendorf.
118 junge Männer und Frauen können im JAZ in acht verschiedenen Berufen ausgebildet werden, von der Hauswirtschaft über die Feintäschnerei bis hin zu Maler- und Lackierer und Anlagenmechaniker für Sanitär, Heizung und Klimatechnik. 18 Plätze sind derzeit noch zu vergeben. „Durch eine Umstrukturierung konnten einige Werkstätten nicht belegt werden“, erzählt der Leiter des JAZ, Lutz Rohde. Doch das ist vorbei, jetzt sind alle Werkstätten voll im Einsatz.
Das JAZ ist eine überbezirkliche Einrichtung, auch junge Leute aus anderen Teilen Berlins haben die Chance, an der Lissabonallee überbetrieblich ausgebildet zu werden. Die Zuweisung der Jugendlichen erfolgt durch die Jugendämter der Bezirke, denn die jungen Männer und Frauen müssen bestimmte Kriterien erfüllen, benachteiligt sein, denn das JAZ ist Teil der Jugendberufshilfe.
Bevor die Jugendlichen sich für eine Ausbildung entscheiden, haben sie ein halbes Jahr Zeit, die Berufe kennenzulernen und zu schauen, was sie eigentlich wollen.
Die Ausbildung erfolgt nach den Richtlinien der Handwerkskammer, dauert meist drei bis dreieinhalb Jahre. Das JAZ hat eigene Meister in den Prüfungsausschüssen und ist Gastmitglied in den Innungen, das schafft Bekanntheit für die Ausbildungsstätte und vor allem Kontakte zu potenziellen späteren Arbeitgebern, so Biermann und Rohde.
Ein Blick in die Werkstätten
Die Lehrwerkstätten sind auf dem Gelände an der Lissabonallee 6 verteilt. Eine der kleinsten ist die der Feintäschner. Acht Ausbildungsplätze gibt es dort. Die jungen Männer und Frauen lernen, Etuis, Portmonees und Handtaschen herzustellen. Die Ergebnisse sind von jenen im Geschäft kaum zu unterscheiden und werden auch gelegentlich verkauft. Das Geld wird eingezahlt in die Bezirkskasse. Die Aussichten nach der Lehrzeit seien sehr gut, so Beate Genske, die die Azubis unterrichtet. Denn die Ausbildung werde nicht sehr oft angeboten im Berliner Raum. Und man bringe nach drei Jahren und mit dem Gesellenbrief in der Tasche Vorkenntnisse für artverwandte Berufe mit.
Die größte Ausbildungsgruppe ist mit knapp 30 Azubis und Praktikanten die Maler- und Lackierer-Werkstatt. Die Auszubildenden seien viel auf Baustellen im Bezirk aber auch berlinweit unterwegs, erklärt Rohde. Sie arbeiten etwa in Kindertagesstätten und Bezirksämtern, aber natürlich auch auf dem hauseigenen Gelände. Kunden sind ausschließlich der Öffentliche Dienst und die Freie Jugendhilfe, betont Biermann, denn das JAZ darf der freien Wirtschaft keine Konkurrenz machen.
Etwas ganz Besonderes kann die Werkstatt der Anlagenmechaniker für Sanitär, Heizung und Klimatechnik aufweisen, was es so wohl kaum in einem Betrieb gibt: ein eigenes Gaslabor. An unterschiedlichen Gasthermen lernen die Azubis, diese einzustellen und zu warten. Auch ein Wasserlabor gibt es in der „Vorzeigewerkstatt“.
Wer einen gewissen Sinn für Ästhetik hat, ist in der Werkstatt von Mario Scharnewski wichtig. Dort kann innerhalb von drei Jahren der Beruf des Raumausstatters gelernt werden. Die derzeit zwölf Azubis müssen dafür auch raus aus der Werkstatt, direkt zum Kunden, um die Maße zu nehmen und ihre Ideen für die Dekoration zu erklären.
Möglichst nah an der Realität soll die Ausbildung sein, erklärt Rohde. Und manchmal hat man einer betrieblichen Ausbildung auch etwas voraus. Etwa bei der Tischlerausbildung. Die Grundausbildung sei im JAZ sehr gut und vor allem intensiver als in einem normalen Handwerksbetrieb, weiß Meisterin Elke Feuerherd.
Begleitet wird die Ausbildung im JAZ durch Praktika in Betrieben auf dem freien Markt. Das sind Chancen für Jugendliche zu zeigen, was sie können. Gar nicht so selten springt für die Azubis ein Jobangebot dabei heraus, manche werden sogar sofort übernommen und können ihre Ausbildung in einem Handwerksbetrieb beenden, erzählt Rohde.
„Geübt wird, was gebraucht wird“
Nicht anders als bei der betrieblichen Ausbildung müssen die Azubis die Berufsschule besuchen. Um die zu schaffen, stehen im JAZ Förderlehrer bereit. Viele, die im JAZ lernen, bringen die schulischen Leistungen nicht mit, die sie brauchen. Viele von ihnen sind Schulverweigerer, so Werner Schuster-Benthin, Fachdienstleiter Schulpädagogik/Sozialpädagogik . Im JAZ soll wieder Lust auf das Lernen gemacht werden. Die Verbindung zur Praxis ist dabei das Wichtigste. „Geübt wird, was gebraucht wird“, so Schuster-Benthin. Deshalb tauschen die Lehrer sich mit den Ausbildern in den Werkstätten regelmäßig aus.
Gelernt wird in kleinen Gruppen mit durchschnittlich drei bis vier Schülern, manchmal gibt es sogar Einzelunterricht. Alles, um die Hemmschwelle zu nehmen und Erfolgserlebnisse für die Schüler zu schaffen. „Wir sind nicht die typischen Lehrer“, betont Schuster-Benthin. So versuche man auch die Probleme, die die Schüler von außen mitbringen, aufzufangen. Hilfe gibt es dabei von den Sozialarbeitern, die mit Lehrern, Meistern und Gesellen eng zusammenarbeiten.
Zusammengearbeitet wird auch auf einer anderen Ebene. Am vergangenen Freitag schloss das JAZ einen Kooperationsvertrag mit der Wilma-Rudolph-Oberschule. Dadurch soll den Schülern dort der Übergang von der Schule zum Beruf erleichtert werden, so Biermann. Die Schüler können im JAZ ihre Praktika absolvieren, die Werkstätten kennenlernen und erfahren, was in der Praxis erwartet wird. Das JAZ wird zudem in die Schülerfirma mit einsteigen und Unterstützung geben. Die Lehrer und Meister werden in die Schule gehen, Vorträge halten, auch darüber, wie es nach einer Ausbildung weitergehen kann.
Derzeit gibt es noch in allen Ausbildungen freie Plätze. Wer sich bewerben will, kann sich unter den Telefonnummer (030) 9 02 99 82 11 oder -82 37 informieren.
(go)