Geschmackssache: Nicht jedem gefiel das Flachdach, das Bruno Ahrends dem Haus Krüger aufgesetzt hat. Foto: Denkmalschutzbehörde

Das Landhaus Krüger an der Dahlemer Wachtelstraße 4 ist im September Denkmal des Monats der Denkmalschutzbehörde Steglitz-Zehlendorf.

Das Haus Krüger ist ein weiß verputzter Bau, der sich aus mehreren Kuben zusammensetzt. Ein hoher Kubus, der parallel zur Straße steht, wirkt wie eine Schutzwand. Dahinter schließen sich dreietwas niedrigere, gleich hohe Kuben an. Sie öffnen sich fächerartig zum Garten. Sie sind auch im Grundriss annähernd gleichgroß. In ihrer jeweiligen Lage zum Garten jedoch sind sie individuell gestaltet, mit Blick in den Garten und in verschiedener Ausrichtung zur Sonne. Durch den Versatz der Würfel ergibt sich hinter der straßenseitigen Strenge eine lockere Öffnung ins Grüne.

Das Haus Krüger stammt von Bruno Ahrends (geb. in Berlin 9.04.1878 als Bruno Arons, gest. 24.07.1948 in Kapstadt). Der als Vertreter der Berliner Moderne international bekannte Architekt hatte ursprünglich den Wunsch, Schiffsbau anm der Kaiserlichen Werft in Kiel zu studieren. Das blieb ihm wegen seiner Herkunft verwehrt. Eine Begegnung mit dem Straßburger Münster aber erweckte auch seine Leidenschaft für die Architektur, die er in München und Berlin studierte. Nach ersten Anstellungen in kommunalen Diensten in Magdeburg, Berlin und Hannover, ließ er sich 1910 in Berlin als freier Architekt nieder.

Ahrends entwarf Wohnungsbauten, Einzelhäuser und Siedlungen. Anfang der 1920er Jahre entstanden zum Beispiel die Kleinhaussiedlung in Johannisthal und die Reihenhäuser Falkenried 12/14 und Hohe Ähren 1/3. Die als die „Weiße Stadt“ bekannte Großsiedlung Schillerpromenade, die Ahrends zusammen mit Otto Rudolf Salvisberg und Wilhelm Brüning entwarf, entstand Ende der 1920er Jahre und ist heute Bestandteil des Weltkulturerbes. Prominent sind auch die beiden Landhäuser, die Ahrends für sich und seine Familie gebaut hat: Miquelstraße 66 und Am Großen Wannsee 6.

Ahrends versuchte mit seinen Entwürfen nicht, ein Lebens- und Wohngefühl zu bestimmen oder gar auf zu zwingen. Seine Entwürfe orientierten sich allein an den Bedürfnissen der Bauherrn. Interessant ist dabei die Entwicklung seiner Architektursprache von 1911 bis 1942.

Das Haus in der Wachtelstraße baute Ahrends als Dienst- und Mietsgebäude für die Kommission zur Aufteilung der Domäne Dahlem, das 1928 sein Freund Hans Krüger, Staatspräsident im Preußischen Ministerium für Landwirtschaft, Domänen und Forsten bezog.

Das Dienstgebäude für einen höheren Beamten zu bauen, löste Ahrends zum öffentlichen Straßenraum hin mit schlichten und sachlichen Mitteln, um auf der Gartenseite möglichst individuell die Privatsphäre gestalteten zu können. Ahrends trennte grundsätzlich Wohn- und Wirtschaftsräume voneinander. Auch berufliche oder häusliche Arbeitsräume, so wie hier das Herrenzimmer, sind so angeordnet, dass sie innen optimal erreichbar sind und sich außen in zurückhaltender Repräsentativität darstellen. Das Herrenzimmer befindet sich leicht zurückgesetzt an den hohen Straßenkubus angehängt.

Die Wirtschaftsräume sind nach Norden angeordnet. In den drei kleineren Kuben richten sich die Wohnräume (Esszimmer, Damen- und Herrenzimmer) zum Garten aus. Das Damenzimmer zeigt eckseitig zum Garten orientiert ein Fenster mit einer gerundeten Scheibe. Die vor gelagerte Terrasse ermöglicht die schöne Beziehung zwischen Innen- und Außenraum.

Die Außenraumgestaltung des einstmals doppelt so großen Grundstücks hatte der Gartenarchitekten Georg Pniower geplant. Er bezeichnete seine Anlage treffend als „Wohngarten“. Den urtümlichen Kiefernbestand, vereinzelt mit Birken durchsetzt, setzte Pniower bewusst in Szene.

Nicht nur für den Garten ist der Altbestand von Bedeutung, sondern besonders auch für die Fassaden, insbesondere zur Straßenseite. Kiefern vor den schlichten Putzfassaden, ihre Schatten auf den Fassaden mit wanderndem Sonnenstand bieten einen reizvollen, lebendigen Kontrast zu der strengen Geometrie der Architektur.

Während die Fassaden seiner Häuser in früheren Jahren durchaus expressiv gestaltet waren, reduziert Ahrends seine jüngeren Baukörper immer weiter. Er verzichtet auf Ornamentik. Mit der Entscheidung zum Flachdach entdeckt er den Kubus, reiht diesen auf oder staffelt ihn hintereinander. Die Dachform unterstreicht die Plastizität der Quader.

Ahrends Flachdächer führten jedoch zu heftigen Diskussionen in Zehlendorf. Schon Anfang der 1920er Jahre sorgte die pejorativ verschmähte „Zigarrenkistenarchitektur“ für Empörung. Der Streit um Dachformen hielt an und war aktuell, als Ahrends in einer Gutachterkommission das Bezirksamt beriet – unter anderem mit den Architekten Paul Mebes und Fritz Crzellitzer sowie dem Stadtrat Hoge.

Für Einzelhäuser formte Ahrends ab 1927 fast ausschließlich Flachdächer und verteidigte diese Architekturästhetik offensiv. Man drängte ihn zum Rücktritt als Sachverständigen. Doch er fand Unterstützung im Zentralen Sachverständigenbeirat und bei dem damaligen Oberbürgermeister Gustav Böß.“Auch ich empfinde die vielfachen Verunstaltungen unserer Städte durch schlechte Bauten aufs schmerzlichste, aber ich mache für ein schlechtes Haus nicht die Dachform, sondern den Planverfasser verantwortlich und trete dafür ein, dass man nicht von guten und schlechten Dachformen, sondern nur von guten und schlechten Architekten sprechen kann“ lautet ein typisches Plädoyer von Ahrends.

Es fanden starke Veränderungen am Haus Krüger statt – vor seiner Unterschutzstellung. Im Erdgeschoss verschwanden bauzeitliche Fenster, die Fassaden erhielten einen groben Putzauftrag mit kunststoffhaltiger Farbe. Fotos zeigen auf dem hinteren Kubus eine Freilichtdachterrasse, die in den Genehmigungszeichnungen als „Sonnenbad“ bezeichnet wurde. Sie verschwand. Nach intensiver Diskussion wurde dem Austausch der maroden originalen Verbundfenstern zugestimmt. Heute ersetzten sie Nachbauten mit Isoliergläsern, die die Innenflügel energetisch ertüchtigen. Auch das Schadensbild der Fassaden hat sich verschlimmert. Doch ihre Instandsetzung mit hellem Glattputz nach historischer Rezeptur ist mit der Denkmalschutzbehörde bereits abgestimmt.

( Michaele Brunk, Denkmalschutzbehörde)