Eine Straßenbahn vom Alexander- bis zum Hermann-Ehlers-Platz, die Schloßstraße als Fußgängerzone, Fahrräder für die Warenlieferung – viele Visionen, Ideen und Wünsche hatten Politiker, Verkehrsplaner und Anwohner der Schloß- und der angrenzenden Straßen beim Bürgergespräch am Donnerstagabend im Rathaus Steglitz.

Die Kiezinitiative Steglitz (KiS) hatte eingeladen, um darüber zu diskutieren, was verkehrstechnisch gewünscht und was auch umsetzbar ist. Und ganz schnell wurde klar: Die Interessen sind sehr verschieden und die Kompetenzen weit verteilt.

Zunächst war es die Kiezinitiative selbst, die ihre Wünsche darstellen konnte. Weniger Lärm und Feinstaub, dafür mehr Elektromobilität, Fahrradwege und Elektrobusse, weniger Stau und zugeparkte Bürgersteige, dafür ein funktionierendes Verkehrs- und Parkleitsystem, sichere und attraktive Grünanlagen, Sitzgelegenheiten und die Berücksichtigung aller Generationen – das sind die Visionen der KiS für 2020. Diese sowie weitere Ideen wurden in den folgenden rund drei Stunden kontrovers diskutiert, von einigen befürwortet, von anderen verworfen.

„Gelddruckmaschine“ Straßenbahn

Wie etwa die Straßenbahn, die wieder die Schloßstraße entlang fahren soll. „Nicht durchzusetzen“, so Bezirksstadträtin Christa Markl-Vieto (Grüne) und doch der Wunsch vieler im Gremium. Auch für Bezirksstadtrat Michael Karnetzki (SPD), der diese aber gern in Richtung Lankwitz verlängert sehen will. Eine Straßenbahn einzurichten, sei kein Problem, so Gerd Huwe, Regionalbeauftragter Bezirks- und Zielgruppen der Berliner Verkehrsbetriebe (BVG). Wenn es dafür eine Mehrheit gibt und die Finanzierung gesichert sei, stehe einer Straßenbahnlinie nichts im Wege. Und dass die eine „reine Gelddruckmaschine“ sei, davon war der Fraktionsvorsitzende der Grünen in der Bezirksverordnetenversammlung, Uwe Köhne, überzeugt. Einem Anwohner jedoch war das zu viel. Schon jetzt würden zu viele Busse auf der Shoppingmeile unterwegs sein, hinzu kämen die S- und die U-Bahn: Das sei mehr als genug fand er, eine Straßenbahn sei überflüssig.

Ein großes Ärgernis für viele Anwohner ist der Parkplatzsuchverkehr, Autos, die die die Bürgersteige zustellen – obwohl die Parkhäuser an der Schloßstraße halb leer seien. Es fehle ein Leitsystem hin zu den Parkhäusern, monierten die Zuhörer. Doch dafür sei der Bezirk nicht zuständig, so Karnetzki. Das Problem sei, dass die Parkhäuser nicht kommunal seien, sondern privat. Dafür gelten besondere Vorschriften der Verkehrslenkung Berlin (VLB), erklärte Günther Drobisch von der Verkehrsplanung Steglitz-Zehlendorf. Rund 30 Schilder müssten demnach auf der Schloßstraße aufgestellt werden, was zu einer „Verschilderung“ führen würde. Zudem sei das Thema Parkleitsystem beim Umbau der Schloßstraße mit den Investoren der Parkhäuser besprochen worden – ohne Ergebnis, weil die dafür Geld in die Hand nehmen müssten.

Bei einer Anwohnerin stieß dies auf Unverständnis. In anderen Städten gäbe es solche Parkleitsysteme doch aus. Warum dies im Bezirk nicht durchzusetzen sei, verstehe sie einfach nicht. Überhaupt ärgerte sie sich darüber, dass die Bezirksstadträte und die Vertreter der Bezirksfraktionen stets die Verantwortung abschieben würden. „Wer kann denn was machen?“, wollte sie wissen. In vielen Fällen ist das die VLB, die aber keinen Vertreter zum Bürgergespräch geschickt hatte und somit auch nicht befragt werden konnte.

Fußgängerzone und shared space

Sympathien gab es für die Idee einer Fußgängerzone auf der Schloßstraße. „Geht nicht“, sagte Markl-Vieto und verwies auf den Busverkehr. Köhne hingegen erinnerte an ein Konzept, das bereits vor mehreren Jahren entstanden sei. Das habe dargelegt, wie die Busse umgeleitete werden könnten. Doch die anliegenden Geschäftsleute seien nicht bereit gewesen, die notwendigen 20.000 Euro zu zahlen.

Für die Piraten kam das Modell „shared space“ ins Spiel. Alle Verkehrsteilnehmer – egal ob Bus- und Autofahrer, Radler oder Fußgänger – teilen sich gleichberechtigt den Verkehrsraum. Obersten Gebot: gegenseitige Rücksichtnahme. Die Schloßstraße biete sich dafür nicht an, aber die Nebenstraßen seien ein ideales Testgelände dafür, schlug Eric Lüders vor – und erntete dafür Applaus. Beifall gab es auch für Norbert Buchta, Fraktionsvorsitzender und verkehrspolitischer Sprecher der SPD, als er für Tempo 30 sowohl in den Neben- als auch auf der Schloßstraße selbst plädierte. So könne die Shoppingstraße so unattraktiv wie möglich gemacht werden für die Autofahrer. Die sollen stattdessen auf die Autobahn gelenkt werden.

Elektrobusse und -lieferfahrzeuge, Lieferfahrräder für die Läden an der Schloßstraße, ein Parkhaus für Fahrräder, Ausbau der Fahrradstreifen– manches wurde an diesem Abend nur angerissen, anderes intensiver und lauter diskutiert. Deutlich wurde: Ideen, Wünsche und Visionen gibt es viele. Bleibt abzuwarten, ob die sich sich in Planungen wiederfinden.

 (go)