Erst die Bahnen fahren lassen, dann die Hoffnung? Bisher gibt es kein Geld für einen S-Bahnhof Kamenzer Damm. | Foto: Daniela von Treuenfels

 

Weil nach wie vor ein Budget fehlt: Ob es einen S-Bahnhof Kamenzer Damm an der S-Bahnlinie 2 geben wird, ist weiter offen. 

Parlamentarische Anfragen sind ein beliebtes Mittel von Abgeordneten, wenn es darum geht, Transparenz herzustellen, öffentliche Debatten anzustoßen und damit Druck aufzubauen. Die Mandatsträger können sich zudem ihren Wählern als Kümmerer präsentieren. Im Sommer vergangenen Jahres hat Lars Rauchfuß (SPD) das Instrument der Anfrage genutzt, um das Thema S-Bahnhof Kamenzer Damm (wieder) in den Fokus zu rücken (wir berichteten). Jetzt zog sein Kollege Christian Zander von der CDU nach. Beide haben jeweils unterschiedliche Wahlkreise in Tempelhof-Schöneberg. 

Neuigkeiten gibt es eigentlich keine – und doch ist etwas in Bewegung gekommen. Hatte die Deutsche Bahn im vergangenen Sommer noch mitgeteilt, eine Kostenschätzung „kann derzeit nicht terminiert werden“, fragt Christian Zander dezidiert nach der Kostenschätzung, die das Land Berlin „am 17.02.2021 bei der Deutschen Bahn“ für den Wirtschaftlichkeitsnachweis (Nutzen-Kosten-Untersuchung) beauftragt habe. Und siehe da: Irgendjemand hat in den Archiven des Konzerns das Dokument gefunden, das Investitionen von 31 Millionen Euro (Stand 2021) für den Bahnhof prognostiziert. 

Ohne dass jemand (nochmals) die Rechenmaschine anwerfen muss, können nun die Planer gleich zu Schritt zwei übergehen, der Nutzen-Kosten-Untersuchung. Sie soll Ende des Jahres vorliegen. 

Alles schön jetzt? Kommt drauf an. 

Für die Verlängerung der S2 nach Rangsdorf wurde 2021 eine eisenbahnbetriebswissenschaftliche Untersuchung (EBWU) der Deutschen Bahn vorgestellt. Diese Studien sind Instrumente zur Bewertung und Optimierung des Bahnbetriebs, bei denen Fahrzeiten oder Verspätungen im Blickpunkt stehen. Die Expertise stufte eine Inbetriebnahme eines Bahnhofs am Kamenzer Damm als „nicht kritisch“ ein, obwohl sie mit einer Fahrzeitverlängerung verbunden wäre. 

Der Nutzen für das Gemeinwohl wird mit einem Blick auf den südwestlichen Berliner Stadtplan deutlich. Die Bahnstrecke der S2 vom Halt Attilastraße bis Mariendorf ist etwa so lang wie die Distanz zwischen Rathaus Steglitz und Lichterfelde West (S1) oder zwischen Südende und Lichterfelde Ost (S25/26). Beide Strecken haben jeweils weitere Zwischenstationen, an der S1 der Botanische Garten, an der S25/26 der Bahnhof Lankwitz. Beide Haltestellen werden nicht als überflüssig wahrgenommen. 

Von einem Bahnhof Kamenzer Damm würden die Bewohner der Großsiedlung rund um die Wedellstraße profitieren. Auch für die Mitarbeiter der Gewerbebetriebe östlich und südwestlich der Bahnstrecke wäre ein weiterer Halt an der S2 ein Gewinn. Ein deutliches Plus dürften die Bewohner von Alt-Lankwitz südlich des Teltowkanals haben. Je nach Standort und Wegstrecke könnten sie sich zwischen den Bahnhöfen Lankwitz und Kamenzer Damm entscheiden. Der nahe gelegene Bahnhof Attilastraße ist wegen des Gewässers nur über Umwege ohne direkte Busverbindung zu erreichen. 

Bleibt der Nachweis der ökonomischen Vernunft, deren Ergebnis noch in diesem Jahr vorliegen soll. Auf der Basis einer drei Jahre alten Kostenschätzung sollte das Fazit freundlich ausfallen. 

Letztlich entscheidet jedoch nicht nur eine betriebswirtschaftliche Kennzahl über das Für und Wider eines öffentlichen Bauprojektes, sondern vor allem das Parlament mit seiner Hoheit über den Landeshaushalt. Für den Bau des S-Bahnhofs Kamenzer Damm scheint der politische Wille zu fehlen.  

Das geht indirekt aus der Antwort an den Abgeordneten Zander hervor, der gefragt hatte: „Gibt es aus heutiger Sicht irgendwelche Anzeichen oder Umstände, die die Realisierung des S-Bahnhofs Kamenzer Damm noch gefährden könnten?“ Die Antwort der Verkehrsverwaltung: „Neben dem noch ausstehenden Wirtschaftlichkeitsnachweis steht die Umsetzung der Maßnahme unter dem Vorbehalt der ausreichenden Finanzierung durch den Haushaltsgesetzgeber.“  

 Kurz gesagt: Ohne Geld kein Bahnhof. Nun ist das Abgeordnetenhaus am Zug. 

 

Daniela von Treuenfels