Karl-Georg Wellmann tritt zum dritten Mal als Direktkandidat an. Foto: Bundestag

Heute beginnen die StadtrandNachrichten mit ihrer Serie zu den Direktkandidaten für die Bundestagswahl 2013. Elf sind es, die am 22. September um die Erststimme der Steglitz-Zehlendorfer bitten. Neun von ihnen hat SN-Redakteurin Simone Gogol befragt.Wir werden sie entsprechend der Reihenfolge auf dem Wahlzettel vorstellen.

Den Auftakt zur Serie macht Karl-Georg Wellmann von der CDU. Der 60-jährige Anwalt und Notar sitzt seit acht Jahren als Steglitz-Zehlendorfer Direktkandidat im Bundestag. Er tritt zum dritten Mal als Direktkandidat an.

StadtrandNachrichten: Wären wir im Sport, würde man Sie als Titelverteidiger bezeichnen. Warum treten Sie ein drittes Mal als Direktkandidat an?

Karl-Georg Wellmann: Weil ich vieles für Berlin tun kann, insbesondere im wirtschaftlichen Bereich. Bei den Flugrouten über den Südwesten haben wir schon viel erreicht, es bleibt aber noch eine Menge zu tun. Da will ich mich weiter drum kümmern.

 SN: Wenn Sie auf die vergangenen acht Jahre zurückblicken, was waren die größten Baustellen, und wo sagen Sie, da habe ich was bewirken können?

Wellmann: Das ist das Thema Flugrouten. Steglitz-Zehlendorf sollte ja in schlimmster Weise zur Flugschneise gemacht werden. Es gibt eine enge Kooperation mit den Bürgerinitiativen. Wir werden das Schlimmste verhindern. Wir arbeiten zusammen mit dem Ministerium daran, die Belastung so gering wie möglich zu halten.

SN: Das Thema Flugrouten ist einer Ihrer Schwerpunkte im Wahlkampf. Das Problem ist, dass alle in den Urlaub fliegen wollen, aber keiner will den Lärm haben. Auch andere Bezirke und Gemeinden wehren sich gegen Flugrouten. Was ist da die Alternative?

 Wellmann: Wir haben zukünftig zwei Startbahnen. Die Flüge können so gelegt werden, dass sie nicht direkt über dicht besiedeltes Gebiet geführt werden. Wenn die Maschinen nach Westen starten, ist genug Platz da. Anders ist die Situation im Osten, wo die Orte viel dichter zusammenliegen. Im Westen können sie es im besten Fall so organisieren, dass die Flugzeuge außen herum fliegen. Eine Maschine, die nach Westen starten muss, weil der Wind so steht, aber nach Osten will – nach Moskau oder Peking – kann auch außen herum fliegen, also bei Schönefeld immer geradeaus, dann um Potsdam herum und drehen. Dann fliegen die Flugzeuge zwar immer noch über die Stadt, aber sie sind dann hoch genug und stören nicht mehr. Möglich wäre es auch, solche Flüge auf die Südstartbahn zu legen, so dass sie eine Südkurve und nicht über Berlin fliegen müssen. Es gibt also zahlreiche Möglichkeiten. Es wird immer wieder Flugbewegungen über der Stadt geben, das ist nicht zu verhindern. Aber wir kämpfen sehr darum, diese so gering wie möglich zu halten.

 SN: Oft werden ja wirtschaftliche Erwägungen für die Flugrouten genannt.

 Wellmann: Die gibt es eigentlich nicht. Die Fluggesellschaften sagen uns immer: „Wir fliegen so, wie es uns vorgegeben wird“. Ich habe weder von Air Berlin noch von der Lufthansa gehört, dass sie über die Stadt fliegen müssen, weil sie dann Sprit sparen. Das spielt auch auf die lange Entfernung keine Rolle.

 SN: Ein Erfolg war, dass das Verwaltungsgericht die Wannsee-Route gekippt hat. Grund dafür war der Forschungsreaktor. Der soll nun bis 2020 aber schließen, so dass dieses Argument gegen die Route wegfällt. Sollte man den Reaktor dann nicht erhalten?

Wellmann: Da können wir nichts machen, der wird abgeschaltet. Das ist eine Entscheidung, die woanders getroffen wird. Die Vorstellung, auf diesen Reaktor stürzt ein Flugzeug, und es gibt eine Verteilung radioaktiver Substanzen, die ist schon horror. Die Wannsee-Route ist eine theoretische Route, dort werden kaum Flugzeuge fliegen.

 SN: Wie bereits gesagt, sind Sie seit acht Jahren im Bundestag. Wie bekommen Sie dann noch mit, was im Bezirk diskutiert wird, was die Leute hier bewegt?

Wellmann: Indem ich ständig Bürgersprechstunden anbiete, sehr häufig im Bezirk bin und sehr viele Veranstaltungen hier habe. Ich besuche sämtliche Sommerfeste in Laubenkolonien, in Sportvereinen und vieles andere mehr. Ich habe eigene Sozialprojekte initiiert, die mit meiner Arbeit im Auswärtigen Ausschuss sehr wenig zu tun haben. Außerhalb der Sitzungswochen im Bundestag ist der Wahlkreis maßgebend, da bin ich hier. Da geht es zwar auch um bundespolitische Fragen – was wird mit dem Euro, ist unsere Währung sicher, was wird mit meinem Arbeitsplatz –, aber sehr häufig geht es um rein kommunale Themen, um die ich mich kümmere.

SN: Ihre Nominierung zum Direktkandidaten war ja dieses Mal ein wenig holprig, so wollte Michael Braun gegen Sie antreten, gegen Edeltraut Töpfer haben Sie sich dann knapp – mit 50 zu 40 Stimmen – durchgesetzt. Wie sieht es derzeit aus im CDU-Kreisverband? Konnten Sie die aufgebrochenen Gräben wieder schließen, stehen alle hinter Ihnen?

Wellmann: Sie können am Wahlkampf sehen, dass die CDU geschlossen ist. Wir haben einen neuen Kreisvorsitzenden, Justizsenator Thomas Heilmann, es ist Ruhe eingekehrt und alle wollen die CDU voranbringen.

 SN: Und das gilt auch über den Wahlkampf hinaus?

 Wellmann: Ja. Keiner in der Partei hat Lust auf Streit. Wir wollen uns auf unsere politische Arbeit konzentrieren und auf den politischen Gegner. Alles andere ist nebensächlich.

SN: Ein zweites Thema in Ihren Wahlkampf ist der Ausbau der Beziehungen nach Osteuropa. Sie sind in vielen deutsch-osteuropäischen Parlamentsgruppen vertreten. Warum ist ihnen diese Beziehung nach Osten so wichtig.

 Wellmann: Die osteuropäischen Länder sind für Deutschland wichtig. Das gilt zum Beispiel für Russland, mit dem wir seit langem wirtschaftlich und energiepolitisch zusammenarbeiten. Wir haben das Interesse an einer Annäherung der Ukraine und auch Russlands an die Europäische Union. Diese Länder haben zum Teil jahrhundertealte kulturelle und historische Beziehungen und sind Teil Europas. Gleichzeitig versuche ich, diese Beziehungen für Berlin und meinen Wahlkreis nutzbar zu machen. Wir wollen, dass Berlin Ost-West-Drehscheibe wird. wir haben das „East-Forum“ initiiert, damit Politik und Wirtschaft aus beiden Regionen sich zum gegenseitigen Vorteil in Berlin trifft.

 SN: Mit der CDU verbinden die meisten Menschen eher Wirtschafts- als Sozialpolitik. Sie aber haben den Verein „Berlin hilft“ gegründet, auch mit Osteuropa-Bezug. Wie kam es dazu?

 Wellmann: „Berlin hilft“ habe ich ins Leben gerufen, als Berlin das Image hatte: andere müssen uns helfen, wir sind Opfer. Sie können sich erinnern, dass Berlin vor ein paar Jahren die anderen Bundesländer auf Zahlung von mehr Geld und Übernahme der Schulden verklagt hat. Ich habe mir gesagt, dieses Image müssen wir verändern. Berlin kann anderen helfen. Wir sind gut genug, wir haben eine tolle Wissenschaft, ein tolles Gesundheitssystem. Mit „Berlin hilft“ behandeln wir todkranke Kinder aus der Ukraine. Wir haben eine Kooperation mit dem Emil-von-Behring-Klinikum, damit wir einfach mal für andere was tun und auch die europäische Idee festigen. Die Ukrainer merken, es ist gut Freunde zu haben, auf die man in der Not zurückgreifen kann.

SN: Es gab im Bundestag eine Abstimmung über schärfere Regeln zur Abgeordnetenbestechung. Sie stimmten dagegen. Warum? Weil Sie es für kein Problem halten?

 Wellmann: Das ist ein sehr diffiziles Thema. Es ist jetzt schon strafbar, wenn Sie einem Abgeordneten Geld geben, damit er entsprechend abstimmt. Ansonsten gibt es erhebliche Abgrenzungsprobleme, weil fast alle Abgeordneten von örtlichen Unternehmen gelegentlich Spenden bekommen, vor allem im Wahlkampf. Sie müssten befürchten, dass das aufhört, weil die Wirtschaft denkt, das wird nachher als Bestechung gewertet. Ich führe viele Gespräche auch mit Unternehmern und Mittelständlern hier im Bezirk, die einen zum Essen einladen – darf man das noch oder darf man das nicht? Man darf Abgeordnete nicht unter Quarantäne stellen, wir sind keine Amtsträger, wir sind keine Beamten. Ich bin sehr dafür, dass Transparenz herrscht. Die Transparenzvorschriften sind sehr erheblich, es müssen Spenden angegeben werden, jegliche Einkünfte, die ich habe – ich bin ja noch Anwalt nebenbei – muss ich offenlegen. Das ist nun noch einmal verschärft worden. Die Strafbarkeit von Abgeordnetenbestechung ist sehr schwierig, ich werde mich aber nicht verschließen, wenn es eine verfassungsfeste Lösung gibt.

SN: Ein Abgeordneter ist ja ausschließlich seinem Gewissen verpflichtet. In einer Abstimmung zum EFSF, Teil des sogenannten Euro-Rettungsschirms, 2011 stimmten Sie dafür, obwohl Sie vorher deutlich gemacht haben, dass Sie dagegen sind. Wie wichtig ist Ihnen Parteidisziplin?

Wellmann: Eine Regierungspartei, eine Regierungskoalition muss geschlossen auftreten und kann nicht wie ein Hühnerhaufen durcheinanderlaufen. Die Öffentlichkeit würde das nicht verstehen. Ich habe gelegentlich in der Fraktion gegen bestimmte Vorhaben gestimmt, mich dann aber der Mehrheit im Plenum angeschlossen. Schließlich haben SPD und Grüne auch alle Rettungspakete unterstützt. Und die heutige Situation gibt uns ja Recht. Es gibt wieder Wachstum überall in Europa, sogar Problemländer wie Griechenland und Portugal sind auf einem guten Weg.

 SN: Unsere Leser hatten die Möglichkeit, Fragen an Sie zustellen. Daniel Bruhn hatte eine Frage zum Trennbankengesetz. Derzeit wird in den USA aber auch in Europa über die Wiedereinführung des Glass-Steagall-Acts von 1933 diskutiert, der eine Trennung von Banken mit Einlage- und Kreditgeschäften und Banken mit Wertpapiergeschäften vorsieht. Stehen Sie hinter dem Glass-Steagall-Act?

Wellmann: Das Trennbankensystem ist inzwischen Beschlusslage, das haben wir in Europa beschlossen, das wird jetzt umgesetzt. Es gibt Banken, die neben dem klassischen Bankgeschäft – also Konto führen, jemandem einen Kredit geben, um ein Auto zu kaufen oder ein Haus zu bauen – sich wirtschaftlich betätigen. Diese Sphären müssen getrennt werden, jedenfalls, wenn eine bestimmte Größe erreicht ist. Da bin ich sehr dafür, damit Fehlinvestitionen nicht durchschlagen auf den normalen Bankenbereich, auf die Sparkonten und auf das normale Geschäft. Wir sind dabei, das umzusetzen. Wir haben 30 Gesetzespakete in dieser Legislaturperiode beschlossen, um die Banken zu regulieren. Wir tun da sehr viel.

SN: Bei den vergangenen beiden Bundestagswahlen haben Sie 40 beziehungsweise 38,8 Prozent der Stimmen im Bezirk geholt. Was haben Sie sich für diese Wahl vorgenommen?

Wellmann: Die Umfragewerte heute sind besser, als sie es vor vier Jahren waren, insbesondere Berlin sieht gut aus. Ich wäre froh, wenn wir das Ergebnis der vergangenen Wahl wieder erreichen und ein bisschen mehr machen. Die Kirche wird im Dorf bleiben. Viel wichtiger ist es, die Bürger zu überzeugen, dass wir eine gute Politik gemacht haben.