Wem gehört der See? Der Griebnitzsee erzählt die Geschichte durchgeführter und versuchter Enteignungen. Jeweils mit ganz unterschiedlichen Motiven.
Der schmale, L-förmige Griebnitzsee liegt in einer eiszeitlichen Rinne und ist rund drei Kilometer lang. Er grenzt im Norden an den Berliner Ortsteil Wannsee und im Süden an den Potsdamer Stadtteil Babelsberg. Die Nähe zur Reichshauptstadt, der Wohlstand seiner Bewohner und die direkte Grenze zwischen den deutschen Nachkriegsstaaten führten jeweils zum direkten Erleben einschneidender Umbrüche: 1933, 1945 und 1961 sind Jahre, die sich im Babelsberger Gedächtnis eingebrannt haben.
In Babelsberg hatten sich zu Beginn des 20. Jahrhunderts reiche Berliner Industrielle prachtvolle Villen errichten lassen. Viele von ihnen waren Juden, die in der Zeit des Nationalsozialismus enteignet und vertrieben wurden. Auch Stars der Babelsberger Filmstudios wohnten hier, zum Beispiel Heinz Rühmann, Marlene Dietrich oder Fritz Lang.
Wer nicht von den Nazis enteignet wurde, musste seine wertvolle Immobilie an die Russen abtreten. Als sich 1952 die Sowjets zurückzogen, lag die Villenkolonie mitten im Grenzgebiet der damaligen DDR und durfte nur mit einem besonderen Ausweis betreten werden. Kindergärten und Behörden zogen in die Gebäude ein, auch Einrichtungen der Stasi. In elf Häusern, darunter die Urbig-Villa und das Haus Wentzel-Heckmann, residierte beispielsweise die Hochschule für Film und Fernsehen „Konrad Wolf“.
Während der Teilung Berlins lag die Grenze zwischen der DDR und West-Berlin, und damit quasi ein Teil der Berliner Mauer, in der Mitte des Griebnitzsees. Der See war vom Babelsberger Ufer aus nicht zugänglich.
Im Jahr 2004 sprachen sich 7000 Potsdamer und Berliner Bürger in einer Unterschriftenaktion für den Erhalt des Uferweges und eine öffentliche Zugänglichkeit der Uferflächen bis zum Wasser aus. Die Stadt nahm in den folgen Jahren mehrere Anläufe, den gewünschten Zustand per Bebauungsplan festzulegen – immer vergebens. Die Anwohner klagten jeweils vor Gericht gegen die Bestrebungen, einen durchgehenden öffentlichen Uferweg am Griebnitzsee für Fußgänger und Radfahrer einzurichten. Seit 2020 ist die Sache letztinstanzlich geklärt, zugunsten der Villenbesitzer.
Nun denn. Dann gehen wir halt ein bisschen Villen gucken.
Ab dem S-Bahnhof Griebnitzsee starten wir nach links auf der Rudolf-Breitscheid-Straße und wechseln beim ersten Abzweig auf die Karl-Marx-Straße. Auf Höhe des Gebäudes der Friedrich-Naumann-Stiftung kann man den ersten Teil des umstrittenen Uferwegs auf der südlichen Seite des Griebnitzsees bewandern. Am Ende geht es dann wieder zurück zur Straße. Nun laufen wir auf der Virchowstraße vorbei an allerhand, teilweise berühmten Villen.
Im weiteren Verlauf gibt es noch eine Stelle, um an das Wasser zu kommen. Etwa auf Höhe eines kleinen Spielplatzes, der auf der linken Seite zu sehen ist, geht es rechts nach unten zum Wasser.
Zurück auf der Virchowstraße laufen wir bis zu deren Ende und biegen dann wieder auf die Karl-Marx-Straße ab. Vor der Villa Herpich, auch bekannt als die Stalin-Villa und heute Sitz des Bauindustrieverbandes, kann man wieder nach rechts zum See abbiegen und dicht an das Ufer treten.
Wieder auf der Karl-Marx-Straße findet sich hinter dem Studienseminar des Brandenburger Bildungsministeriums ein Pfad, der nach rechts leicht bergab führt. Diesem folgen wir. Er führt uns auf die Wasserstraße. Über die „Allee nach Glienicke“ wechseln wir auf die Lankestraße. Sie führt uns über den Teltowkanal. Auf der anderen Seite gibt es einen Biergarten.
Entweder durch den Biergarten oder an ihm vorbei biegen wir rechts auf die Waldmüllerstraße ab.
In der Verlängerung dieser Straße findet sich der „Admiral-Scheer-Blick“. Hier hat man gute Aussicht auf einen großen Teil des schmalen, aber langgezogenen Griebnitzsee.
Wieder auf der Waldmüllerstraße biegen wir an der folgenden Kreuzung nach rechts in die Griebnitzstraße ab.
An der folgenden Gabelung halten wir uns rechts und landen auf der Griebnitzpromenade. Auf ihr bewältigen wir den ganzen nördlichen Teil des Sees. Die Promenade führt in direkter Sichtweite am See entlang.
So erreichen wir an der Hubertusbaude die Brücke über den Kanal zwischen Stölpchensee und Griebnitzsee.
Nach der Brücke nach rechts abbiegen. So wandern wir am Kanal zurück zum Griebnitzsee. Der Weg verläuft dann am Teltowkanal auf die Böckmannbrücke zu. Mit der Brücke überqueren wir den Kanal und halten uns an der folgenden Kreuzung rechts und folgen der „Neuen Kreisstraße“ bis zur Stubenrauchstraße. Hier biegen wir rechts ab und laufen geradeaus bis zum Wasser. Laut Karte läuft man auf der rechten Straßenseite in Berlin und links in Brandenburg.
Es gibt am Wasser einen Uferweg, aber der endet später laut Hinweistafel vor einem Zaun. Wir laufen also zurück zur Stubenrauchstraße und auf ihr zurück zur Rudolf-Breitscheid-Straße. So landen wir wieder vor dem S-Bahnhof. Hier gibt es nochmal einen Blick auf den See und das Ende unserer Runde.
Die Tour zum Nachwandern unter www.komoot.de
Norman Heise
Dieser Artikel erschien zuerst auf berlin-familie.de.
Norman wandert fast jeden Sonntag um einen See herum. Meistens in Brandenburg, manchmal in Berlin, und sogar in seinen Urlauben findet er immer ein Gewässer, das sich umrunden lässt. Seine Ausflüge dokumentiert er auf seinem Blog und der Wanderplattform Komoot. Auf berlin-familie.de erscheinen die Tourbeschreibungen ergänzt um Wissenswertes, interessante Details oder kuriose Geschichten, die im Netz zu finden sind.