
Der Unvollendete: Eine Weiterführung des Radweges in die Filandastraße war einmal geplant. Das ist nun wohl vom Tisch. | Foto: Daniela von Treuenfels
Eine eigene Fahrradspur an der Neuen Filandastraße soll es vorerst nicht geben. Gegen eine entsprechende Entscheidung des Senats findet am 16. April eine Demonstration statt.
Wer will, findet Wege, wer nicht will, findet Gründe. Diese Lebensweisheit scheint für politisches Handeln wie geschaffen, und am Beispiel des geplanten Radwegeausbaus an der Neuen Filandastraße in Steglitz lässt sie sich in Echtzeit studieren.
2022 gab es einen Willen und einen Weg: Weil es keinen Radweg gibt und es „zu einem engen Überholen durch Kfz kommt, die den Fahrstreifen nicht wechseln“ und die Gefahr besteht, „dass Radfahrende durch unachtsam geöffnete Türen der parkenden Kfz gefährdet werden“ hatte die Verkehrsverwaltung eine Radwegeanlage angeordnet: Ganz rechts sollte der Radweg verlaufen, in der Mitte Fahrspuren und Parkplätze, links eine durchgehende Fahrspur.
Die Anordnung, so war man der Meinung, erfülle die notwendigen Kriterien: eine gewisse Verkehrsstärke, die überörtliche Bedeutung für den Radverkehr, die Erhöhung der Verkehrssicherheit, und – wichtig für Autofahrer – ein weiterhin „überwiegend ungestörter Verkehrsablauf“.
Geplant war die Umsetzung ab 2024, doch die Anordnung wurde „ausgesetzt“, wie es heißt – mit einer bemerkenswerten Begründung. Weil das Radwegenetz noch zu lückenhaft ist, so die Verwaltung, lohne sich der Lückenschluss nicht. Wörtlich teilt die Pressestelle der Verkehrsbehörde auf Anfrage der Stadtrand-Nachrichten mit: „Eine Umsetzung zunächst nur auf dem Teilabschnitt von der Bergstraße bis zur Südendstraße hätte für den Radverkehr weder lokal noch in Bezug auf eine überörtliche Verbindungsfunktion einen Nutzen entfalten können. Erst wenn weitere Teilabschnitte ergänzt und deren Einbindung in das Radverkehrsnetz definiert werden, würde die Maßnahme ganzheitlich eine positive Wirkung für den Radverkehr entwickeln können und damit auch Eingriffe in den ruhenden sowie fließenden Kfz-Verkehr rechtfertigen.“
Außerdem: „Berücksichtigt werden muss dabei auch, dass die Filandastraße auch der direkten Anbindung an das Berliner Autobahnnetz dient.“

Die Filandastraße an einem Werktag gegen Mittag – ein überdimensionierter Autobahnzubringer. Für Radfahrer soll hier kein Raum geschaffen werden. | Foto: Daniela von Treuenfels
Die autogerechte Stadt scheint also grundsätzlich ein vorrangiges Ziel des Berliner Senates zu sein, was die lokalen Radfahrinitiativen auf den Plan ruft. „Die Filandastraße ist eine Hauptverkehrsstraße und laut Mobilitätsgesetz mit geschützten Radwegen auszustatten“, sagt Ragnhild Sörensen vom Verein Changing Cities. Die Organisation hat eine Petition gestartet mit dem Ziel der sofortigen Umsetzung des Radweges. Anstehende Sanierungsarbeiten durch den Bezirk seien ein ideales Zeitfenster.
Tatsächlich beginnt das Bezirksamt am 5. Mai mit der Sanierung der westlichen Fahrspur der Filandastraße. Doch die Anordnung für die Radverkehrsanlage sei „zu unserer Überraschung“ am 1. April ausgesetzt worden, wie Stadtrat Urban Aykal (Grüne) auf Anfrage mitteilt. Die Gründe sind teilweise andere als die, die der Öffentlichkeit genannt werden.
Aus finanziellen Gründen kann der Bezirk in diesem Jahr nur eine Seite der Fahrbahn sanieren – damit ist die Verkehrsverwaltung laut Aykal nicht einverstanden. „Nach Auffassung der Senatsverkehrsverwaltung sollte der gesamte Abschnitt saniert werden“, so der Stadtrat. Der Bezirk möchte in einem ersten Schritt die eine Hälfte mit Radweg und im kommenden Jahr die gesamte Fahrbahn fertigstellen. „Es wäre ja schade, wenn es nach der Sanierung der Fahrbahn gleich wieder im Bereich der Parkspur aufgrund der parkenden Autos bzw. Kleinlaster zu Fahrbahnschäden kommt“, sagt Aykal.
Der sonst eher ausgleichende Bezirkspolitiker wird ungewöhlich deutlich: Die Aussetzung stehe im Widerspruch zur ursprünglichen Anordnungsbegründung. „Nun wird betont, dass die Filandastraße der direkten Anbindung an das Berliner Autobahnnetz diene und der KFZ-Verkehr leistungsfähig erfolgen müsse. Dieser Grund könnte vor dem Hintergrund der autogerechten Logik für die Verkehrswende im Ortsteil Steglitz ein K.o.-Kriterium darstellen und ist daher sehr kritisch zu betrachten.“
Die Radinfrastruktur dürfe nicht gestoppt, sondern müsse gefördert werden. „Als Bezirk freuen wir uns auf jede mit dem Senat abgestimmte Maßnahme. Aber selbst wenn die abgestimmten Maßnahmen wieder zurückgezogen werden, stellt sich die Frage, wohin das überhaupt führen soll. Mehr Mut an dieser Stelle bedeutet aus meiner Sicht vor allem eins: eine Radverkehrsanlage nicht nur auf der Filandastraße, sondern auch die Verlängerung über die Joachim-Tiburtius-Brücke zur Schildhornstraße und damit ein Lückenschluss zwischen Steglitz/Lichterfelde und Schmargendorf und City West.“
Die Fahrradinitiativen dürfte der Stadtrat damit auf seiner Seite haben. Die stehen schon in den Startlöchern und rufen auf zur Demonstration am 16. April, Start ist um 17.30 Uhr am Herrmann-Ehlers-Platz.
Daniela von Treuenfels
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