Das Goerzwerk und die Goerzallee erinnern an den Unternehmer Carl Paul Goerz. Fotos: Gogol

 

Mit mehr als drei Kilometer Länge ist die Goerzallee die längste Straße im Ortsteil Lichterfelde. Benannt wurde die Straße 1925 nach dem Unternehmer und Optiker Carl Paul Goerz, der am 14. Januar 1923 in Berlin verstorben ist.

Der Brandenburger Goerz war als Vertreter für feinmechanische und optische Firmen tätig, bevor er 1886 nach Berlin kam. Dort gründete er zunächst einen Versandhandel für mathematische Instrumente und Winkelmesser, 1887 begann er dann mit dem Vertrieb fotografischer Apparate plus Zubehör. Nach der Übernahme der mechanischen Werkstatt Hintze produzierte er diese dann auch selbst. Als „Optische Anstalt C.P.Goerz“, noch in Friedenau ansässig baute Goerz 1918 das Werk in Zehlendorf. Rollfilme und Filmmaterial für die noch junge Kinoindustrie wurden dort unter anderem gefertigt. Die Firma entwickeltee sich rasch zum größten Produzenten für Präzisionsoptik in Berlin. 1926 wurde die Firma von der Zeiss-Ikon AG übernommen. Noch heute liegt das Betriebsgelände, das noch immer den Namen „Goerzwerk“ trägt, an der Goerzallee.

Von Telefunken zu Mc Nair

Eine eine andere große Firma, die an der Goerzallee ihren Sitz hatte, war Telefunken. Auf dem als Mc Nair-Barracks bekannten 60.000 Quadratmeter großen Gelände zwischen Goerzallee, Platz des 4. Juli und Osteweg wurde von 1937 bis 1940 nach Plänen des Architekten Hans Hertlein das Fabrikgelände errichtet. Das Markanteste an dem Fabrikgelände ist der 37 Meter hohe Uhrenturm. Bis 1945 wurden auf dem Areal, das gleichzeitig Firmensitz des Konzerns war, zunächst Elektroröhren, später dann Funktechnik gefertigt.

Nach Ende des Zweiten Weltkrieges übernahm die US-Armee das Gelände, besserte Kriegsschäden aus und erweiterte es zur Kaserne für das 6. US-Infanterie-Regiment. Benannt wurde die Kaserne nach dem US-amerikanischen General Leslie J. Mc Nair, der 1944 in der Normandie gefallen war. Bis zu 2.300 Soldaten waren auf dem Gelände zeitweilig stationiert.

Nach dem Abzug der US-Streitkräfte 1994 stand das Gelände lange Zeit leer, bis dort neue Häuser und Lofts entstanden und noch immer entstehen. Auch eine Schule wurde dort errichtet.

An die Zeit der US-Amerikaner erinnern die Straßennamen, wie Harry-S.-Truman-Allee und William-H.-Turner-Straße, und natürlich auch der Platz des 4. Juli, der 1976 nach dem Unabhängigkeitstag der USA benannt wurde. Der Platz ist eigentlich kein Platz, sondern eine kurze, achtspurige Straße. Als „4. Ring“ war sie 1937 von den Nationalsozialisten angelegt worden, als eine von vier Ringstraßen, die die „Welthauptstadt Germania“ erschließen sollte. Heute nutzen vor allem Fahrschulen den größten Teil der 400 mal 70 Meter breiten Asphaltfläche, an den Wochenenden findet ein Flohmarkt statt.

Inseln der Ruhe

Die Goerzallee ist eine vielbefahrene Straße, Super-und Baumärkte, Einrichtungs-und Autohäuser locken viele auch Nicht-Lichterfelder dorthin. Doch es gibt auch zwei Orte der Ruhe. Da ist zum einen die Parkkolonie. Die Kleingartenanlage besteht seit 1932. Auf gut 68.000 Quadratmetern gibt es 149 Parzellen, auf denen sich die Pächter kleine Oasen geschaffen haben.

Noch hinter der Parkkolonie liegt zum anderen der Parkfriedhof. Der Zugang ist über am Thuner Platz zu finden. Der Parkfriedhof entstand zwischen 1908 und 1911 als Friedhofsknappheit herrschte. Entworfen wurde die Anlage vom Gartenarchitekten Friedrich Bauer, umgesetzt vom Gemeinde-Garteninspektor Paul Eschenbach. Die Kapelle entstand 1910 als massiver Steinbau mit Turmfront , die dreibogige Vorhalle ist offen.

Die Hauptachse des Parkfriedhofs wurde so angelegt, dass sie sich zu den Grabquartieren hin vertieft. Am Ende der Achse steht ein Brunnentempel. Das Herzstück des alten Friedhofsteils ist die Talwiese, die frei von Grabstätten ist. Mit der Eingemeindung Groß-Lichterfeldes 1920 entwickelte sich der Parkfriedhof zum Prominentenfriedhof. Es finden sich Ehrengräber von Bischof und Ehrenbürger Dr. Dr. Otto Dibelius, Erfinder Gustav Lilienthal und Reichskanzler Kurt von Schleicher.

Die erste Erweiterung des Friedhofs fand 1927/28 statt, die zweite zehn Jahre später. Doch heute sind viele Grabflächen leer, so dass entsprechend des Friedhofsentwicklungsplans des Senats die Erweiterung am Platz des 4. Juli Richtung McNair-Kaserne zur Grünfläche umgenutzt werden soll.

(go)