Die Villa Oppenheim hat eine wechselvolle Geschichte hinter sich. Foto: Denkmalschutzbehörde

Zum Heckeshorn 38 – diese Adresse kannte Franz Oppenheim 1907 nicht, als er mit seiner im selben Jahr angetrauten zweiten Frau das Landhaus Am Großen Wannsee 43-45 bezog. Mit Blick auf das Ufer ließ sich das Paar – er, der große Chemiemagnat und sie, die aufgeschlossene Witwe und ihrer Zeit weit vorauseilende Kunstsammlerin Margarete Reichenbach – für ihre Salons und ihr neues Glück von dem wohl bekanntesten Architekten Berlins, Alfred Messel, ein Traumhaus errichten.

Das einzig Gute an der später folgenden Geschichte dieses Anwesens ist, dass Margarete und Franz Oppenheim sie nicht erleben mussten.

Nachdem die letzten Nutzer ihre Suchttherapien in dem Gebäude abgeschlossen hatten, hofften viele, dass die Villa Oppenheim endlich wieder die ihr gebührende Aufmerksamkeit zurück gewinnt. Vielleicht im Dreiklang mit der Villa Liebermann und dem Haus der Wannseekonferenz erneut ein Ort der Kunst würde. Die Ideen waren zahlreich, allein wer sollte das bezahlen? Der Kultursenator jedenfalls nicht.

Man kann es vortrefflich als Ironie der Geschichte bezeichnen, wenn in diesen Tagen eine Montessori-Schule just dort eröffnet, wo Nationalsozialisten, die ja bekanntlich auch diese Pädagogik verboten hatten, nach der Emigration der Oppenheim-Kinder, wie auf eigentlich allen ehemals jüdischen Grundstücken am Wannsee, dubiose Einrichtungen unterbrachten. In diesem Fall das Wannsee-Institut zur Erforschung des „Ostens“ durch den sogenannten Sicherheitsdienst. Den von Willy Lange und Alfred Lichtwark angelegten, gut 14.000 Quadratmeter großen Garten nutzte die SS als Pferdeparcours.

Angesichts prekärer Krankenhausdefizite im Westen Berlins entwickelte man viele dem Land übertragene Liegenschaften Am Großen Wannsee zunächst provisorisch dann systematisch zu einem neuen Zentrum der gesundheitlichen Versorgung. Die Lungenklinik Heckeshorn mit einem neungeschossigen Bettenhochhaus entstand auf den unmittelbaren Nachbargrundstücken der Villa. In den 1960er Jahren setzten Bebauungspläne Sondergebietsausweisungen fest mit Nutzungen für soziale, kulturelle oder gesundheitliche Zwecke.

Zwischen schnöden Funktionsbauten ging die Villa der Opppenheims unter. 1972 schließlich besiegelten Ärzte- und Schwestern-Wohnschachteln endgültig das Schicksal des „Großen Messels“. Den Blick von und auf die Villa Oppenheim verstellte im Auftrag der Bundesversicherungsanstalt für Angestellte die erbbauberechtigte GAGFA rigoros mit Miet- und Eigentumswohnungen. Zehn Jahre später wird die Villa in die Berliner Denkmalliste aufgenommen.

Die Kinder von Franz Oppenheim konnten einen Teil der Gemälde van Goghs, Manets, Cézannes und anderer Wegbereiter der Moderne, die ihre Stiefmutter in der Villa zu einer einmaligen Sammlung zusammen getragen hatte, vor der Beschlagnahmung retten. Sie wurden versteigert und hängen heute in den großen Museen der Welt. Der andere Teil der Sammlung jedoch wurde als „nationales Kulturgut“ nicht außerhalb Deutschlands handelbar gemacht. Dessen Verbleib ist bis heute unbekannt.

(Dr. Jörg Rüter, Denkmalschutzbehörde)