In Zeiten von Amazon, Ebay und Co. wird es für lokale Händler deutlich schwerer, ihre Waren an die Frau oder den Mann zu bringen. Immer mehr Menschen entscheiden sich für den Einkauf über das Internet. Kleine Läden können hier kaum mithalten, denn schon eine vorzeigbare Online-Präsenz zu gestalten, kostet viel Geld und Aufwand. Ein Pilotprojekt aus Lichterfelde und Lankwitz will hier Abhilfe schaffen und bietet den Geschäften im Kiez eine Plattform an, auf der sie sich ohne großen Aufwand präsentieren können. Doch das ist bei Weitem nicht alles …
Vor rund sechs Monaten ist das Onlineportal WebKiez gestartet. „Als wir online gegangen sind, hatten wir gerade einmal 23 Händler, die sich auf unserer Seite präsentierten “, erzählt Rainer Frohloff, Gründer von WebKiez. „Heute umfasst unser Branchenbuch schon über 70 lokale Händler und Dienstleister.“
Der gelernte Fotograf, der selbst seit gut 43 Jahren im Einzelhandel tätig ist und in Lichterfelde Ost bis vor drei Jahren Inhaber eines Foto-Geschäfts war, kennt die Nöte des lokalen Handels. Zusammen mit seinen Partnern Herbert Haberl und Hendrik Tesche wollte er etwas dagegen tun. „Durch die massive Online-Konkurrenz haben es die kleinen, meist inhabergeführten Läden, immer schwerer. Die Menschen bestellen viel häufiger online, anstatt zum Händler um die Ecke zu gehen, selbst wenn sie hier besseren Service zum gleichen Preis bekommen“, erzählt Frohloff. Doch vorwerfen könne man es den Kunden nicht. Denn viele lokale Händler hätten den Wandel „verschlafen“. „Das Wichtigste an einem Geschäft ist das Schaufenster“, erklärt er. Dieses solle einladend wirken und neugierig machen. Die Internet-Präsenz sei ein zweites Schaufenster, welches in der heutigen Zeit fast noch wichtiger sei, als das erste. „Nur, wenn man gefunden wird, können die Kunden auch vorbei kommen“, so Frohloff. „Doch viele Händler fühlen sich mit den neuen Anforderungen überfordert oder haben schlichtweg keine finanziellen oder zeitlichen Ressourcen, um diesen gerecht zu werden.“ Genau dabei möchte WebKiez sie unterstützen.
Lieferung am selben Tag, per Lastenrad – in Lankwitz und Lichterfelde
Auf dem Portal können sich die Händler nicht nur in ein Branchenbuch aufnehmen lassen, sondern ihre Waren und Dienstleistungen auch online anbieten. In dem sogenannten „Kaufhaus“ können die Kunden dann rund um die Uhr beispielsweise ihre Sahnetorte vom Bäcker Walf, Tulpenstrauß von Sass Floristik oder einen bunt bemalten Berliner Bär vom Buddy Bear Shop online ordern und für eine Gebühr von fünf Euro direkt nach Hause liefern lassen. Vorausgesetzt sie leben in Lichterfelde oder Lankwitz, also in den PLZ-Gebieten 12203, 12205, 12207, 12209, 12247 und 12249.
Die Lieferung übernehmen die Mitarbeiter des WebKiezes, KiezEngel genannt, – und zwar mit einem umweltfreundlichen Elektro-Lastenfahrrad. Wer seine gewünschte Ware bis 14 Uhr bestellt, bekommt diese noch am selben Tag.
Auf die Frage, wie die Idee zum Kiez-Online-Handel entstanden ist, antwortet Frohloff, dass die Kunden selbst ihn darauf gebracht hätten: „Von unseren Kunden wissen wir, dass sie ihren Kiez lieben und ihn auf jeden Fall erhalten wollen – eben auch mit all den kleinen Läden, die dazu gehören.“ Doch die Ladenschlußzeiten und die Abwesenheit eines Lieferservices würden sie von dem lokalen Handel wegtreiben. Würden die „Rahmenbedingungen“ jedoch stimmen, könne man davon ausgehen, dass die Kunden sich wieder mehr den kleinen Läden zuwenden.
Genau diese Bedingungen möchten Frohloff und seine Partner schaffen. „Doch WebKiez soll nicht nur als ein digitales Schaufenster und ein Lieferservice den Einzelhandel im Kiez stärken, sondern auch zu einer Gemeinschaftsbildung zwischen Kiezbewohnern und den Unternehmern beitragen“, erklärt der Gründer. So werden auf der Seite auch verschiedene Veranstaltungen im Bezirk wie zum Beispiel das Seydlitzstrassenfest oder Ausflüge zum Kirschblütenfest angeboten.
Schicken Sie doch einfach einen „KiezEngel“ für Sie einkaufen
Frohloff und seine Partner haben viele Ideen für ihr Portal. Erst kürzlich kam ein neuer Service dazu: Seit März können Lichterfelder und Lankwitzer nicht nur bei den Händlern im „Kaufhaus“ bestellen, sondern die sogenannten „KiezEngel“ mittwochs und samstags auch für sich einkaufen schicken – und zwar in jeden Laden der Umgebung. Dafür muss man lediglich den Einkaufszettel bis 10 Uhr morgens übermitteln. Das geht telefonisch, per Fax oder per E-Mail. Die gewünschte Ware kommt dann noch am selben Tag per Lastenrad nach Hause. Die Servicegebühr beträgt zwischen 8 und 15 Euro, je nach Aufwand.
Wer also beispielsweise frische Produkte vom Kranoldplatz-Wochenmarkt nicht selber besorgen kann oder will, kann damit jetzt einfach einen KiezEngel beauftragen.
Weitere Informationen zum WebKiez-Portal gibt es unter www.webkiez.de oder www.lila.webkiez.de.
(eb)