Die Heesestraße ist nach dem Seidenfabrikanten Johann Adolf Heese benannt. Fotos: Gogol

 

Zwischen Albrecht- und Bergstraße liegt die Heesestraße. Benannt ist sie nach Johann Adolf Heese, der in Steglitz einst Preußens bedeutendste Seidenanbaufirma betrieb – Seidenraupenzucht inklusive.

Der 1783 Berlin geborene Heese war Werkführer in der Seidenfabrik von Carl Gropius, als er sich 1822 entschloss, sich zusammen mit einem Kaufmann am Pauliplatz selbständig zu machen. Das Geschäft wuchs und so pachtete Heese 1839 ein Grundstück an der Grunewald-/Ecke Schloßstraße, wo er ein Jahr später eine siebeneinhalb Hektar große Maulbeerplantage anlegte. Die Blätter des Baumes sind die Lieblingsspeise der Seidenraupen. Mit einer eigenen Plantage konnte sich Heese unabhängig machen von teuren Importeuren. Es entstand ein richtiger Großbetrieb mit Zwirnerei, Kokon-Hasplerei und Wohnungen für die Arbeiter. In guten Jahren wurden dort bis zu 750 Kilogramm Seide produziert, in Berlin verarbeitet und in die ganze Welt versandt. Heeses Unternehmen verschickte zudem Maulbeersamen und Eier der Seidenraupe nach ganz Europa. Doch in den 1860er Jahren ging die Firma ein, ausgelöst durch eine Seuche, die den gesamten Bestand an Seidenraupen vernichteten. „Papa Heese“, wie ihn seine Angestellten nannten, starb 1862. Sein Grab befindet sich auf dem alten Steglitzer Dorffriedhof an der Schloßstraße.

An der Heesestraße gibt es zwei Kulturdenkmäler, eines ist das Gymnasium Steglitz, das 1886 gegründet wurde, damals noch an der Plantagenstraße. Vier Jahre später erfolgte der Umzug in das Gebäude an der Heesestraße. Das Gymnasium war zunächst eine reine Jungenschule, erst 1950 legte dort das erste Mädchen ihr Abitur ab – Sibylle Hommel, die Tochter des Griechisch-Professors Hildebrecht Hommel.

Noch heute besitzt das Gymnasium als eine von wenigen Schulen ein altsprachliches Profil. Das heißt, Latein und Altgriechisch sind Pflichtfächer. Eine der alten Sprache muss als eines der Prüfungsfächer im Abitur gewählt werden.

Das Gymnasium brachte einige bekannte Persönlichkeiten hervor. So legten dort Architekt Walter Gropius, Volker Ludwig, Gründer des Grips-Theaters, und Moderator Günter Jauch ihr Abitur ab. Ein weiterer Schüler war Karl Fischer, der am Gymnasium dort 1896 die Wandervogelbewegung ins Leben rief. In einer Zeit fortschreitender Industrialisierung und angeregt durch die Ideale der Romantik suchten vor allem Schüler und Studenten aus dem bürgerlichen Milieu nach einer eigenständigen Form des Lebens in der Natur. „Einfachheit“ und „Wahrheit“ waren die Ideale, denen sich die Mitbegründer verpflichtet fühlten. Damit schafften sich die jungen Männer – ein paar Jahre später auch junge Frauen – einen eigenen, von den Eltern unabhängigen Lebensbereich. Dazu gehörte es auch, zu singen.

Während der Zeit des Nationalsozialismus wurde die Wandervogelbewegung gleichgeschaltet und der Hitler-Jugend einverleibt. Nach Ende des Zweiten Weltkrieges wurde die Jugendbewegung wiederbelebt. Im Gymnasium wird mit einem eigenen Karl-Fischer-Zimmer an die Geschichte des Wandervogels erinnert.

Das Gymnasium wurde im Zweiten Weltkrieg beschädigt und musste umgebaut werden.

Das zweite Kulturdenkmal ist das Haus Heesestraße 3. Im das 1875 von Johann Friedrich Krüger errichtetet Wohnhaus befindet sich im Untergeschoss das Restaurant „Zum Stammbaum“.

(go)