Die zwei neuen Denkmaltopografien zu Wannsee und Nikolasse wurden vom Landesdenkmalamt herausgegeben, Karten inklusive. Foto: Gogol

Da kam sogar Bezirksstadtrat Norbert Schmidt ins Schwärmen: „liebevoll“, „großartig“ und „wunderschön“ findet er die zwei neuen Denkmaltopografien, die das Landesdenkmalamt zu den Ortsteilen Nikolassee und Wannsee nun herausgegeben hat. Im Literarischen Colloquium am Wannsee stellten Landeskonservator Prof. Dr. Jörg Haspel, Dr. Klaus von Krosigk, Gartenbaudirektor a.D., und Bezirksstadtrat Schmidt die beiden Bände vor.

Die Denkmaltopografien gehen auf die 1970er Jahre zurück, als die Kultusministerkonferenz beschloss, die Denkmäler der gesamten Bundesrepublik zu erfassen. Dabei wurde versucht, nicht ein Inventar zu erstellen, sondern die Denkmale und Gartendenkmale in ihrem Raum abzubilden, ihre Verbindung zueinander zu erklären.

In Berlin sind derzeit 30 Prozent der zu erfassenden Fläche in Topografien dargestellt, wobei der einstige Bezirk Zehlendorf der einzige ist, der mit den beiden neuen Bänden nun komplett erfasst ist. Und das ist nicht die einzige Besonderheit. Zusammen mit dem Bezirk Mitte hat Zehlendorf die höchste Zahl an Denkmälern, bei den Gartendenkmälern liegt der Alt-Bezirk sogar unangefochten an der Spitze. In Wannsee gibt es Denkmale, die Welterbe sind, einige andere hätten nach Meinung Haspels Welterbe-Erwartungspotenzial.

Die Topografien dienten keinem wissenschaftlichen Selbstzweck, betonte Haspel, sondern seien ein Element der Stadtplanung und Stadtentwicklung. Deshalb ist den Büchern auch jeweils eine Übersichtskarte beigegeben.

Die Erstellung der Topografien gab den Denkmalschützern die Möglichkeit, ihre Denkmalliste zu aktualisieren, erklärte der Landeskonservator. So kamen in Zehlendorf rund 50 Denkmale neue hinzu, vor allem Landhäuser und Villen aus der Nachkriegszeit. Besonderheiten seien dabei die Künstler- und Architektenhäuser, erklärte Haspel. Darunter die Häuser von Ernst Sagebiel an der Cimbernstraße 13b und Günter Hönow an der Otto-Erich-Straße 20. Auch das Kleist-Grab wurde nach seiner Sanierung aufgenommen, ebenso der Friedhof Nikolassee.

Viel Geschichte von der Vor- und Frühgeschichte bis in die heutige haben die Autoren auf 240 (Wannsee) beziehungsweise 176 Seiten (Nikolassee) gebracht, dazu gibt es zahlreiche, vor allem Schwarz-Weiß-Bilder der beschriebenen Gebäude und Landschaften. Neuen Hinweisen auf mögliche Denkmäler gingen die Autoren nach. In einem solch „grünen Bezirk“ fehlen auch die Gartendenkmale nicht, die königliche Gartenlandschaft, die schließlich durch eine bürgerliche Gartenlandschaft ergänzt wurde, wie von Krosigk ausführte, werden ausgiebig beleuchtet.

Von einer „solch freundlichen und liebevollen Betrachtung“ des Bezirks war Stadtrat Schmidt „sehr berührt“. Er habe beim Durchblättern der Bücher Altvertrautes wiedererkannt, war manchmal überrascht, welches Gebäude Denkmal ist und freute sich über ein Bild des Schlosses Glienicke mit der alten Geyer-Fassade. Doch der für Stadtplanung zuständige Bezirksstadtrat griff auch aktuelle Diskussionen im Bezirk auf. „Architektur ändert sich“, sagte er. Und man solle doch einen Kiez, der sich über seine Architektur definiere, „nicht mit einem Museumsdorf verwechseln“. „Der Zehlendorfer Dächerstreit ist nicht beendet. Er dauert seit 100 Jahren an. Es gab manchmal einen Waffenstillstand, aber Frieden wurde nicht geschlossen“, mahnte er. Eine Diskussion um Architektur dürfe nicht zu einer Geschmacksdiskussion werden. „Ich weiß nicht, ob dann der Springer-Bungalow heute noch möglich wäre.“ Und der hat es immerhin in die Denkmaltopografie geschafft.

(go)