
Pflanzen gemeinsam einen Baum zum Jubiläum: Oberin Constanze Schlecht, Pfarrerin Barbara Eschen, Bezirksbürgermeister Norbert Kopp und Jan Dreher, Kaufmännischer Vorstand des Evangelischen Diakonievereins (von links). Foto: Gogol
Fünf politische Systeme, zwei Weltkriege, die Deutsche Teilung – all das hat der Evangelische Diakonieverein Berlin-Zehlendorf e.V. unbeschadet überstanden. Und mehr noch: Er sei „ein Bild der Jugend, der Blüte, der Fruchtbarkeit“, fand Pfarrer Horst Leckner. Welch‘ ein Kompliment für das 120-jährige Geburtstagskind!
Am Freitag hatte der Verein Schwestern, Mitglieder, Mitarbeiter, Freunde und Unterstützer eingeladen, um gemeinsam im Mutterhaus – laut Leckner dem „Ort der Frischzellenkur für Geist und Seele“ – das Jubiläum zu feiern.
Auf den Tag genau vor 120 Jahren hatten der Theologieprofessor Friedrich Zimmer und die Oberin des Städtischen Krankenhauses Elberfeld, Anna Margarethe van Delden, den Diakonieverein gegründet, ließ Oberin Constanze Schlecht die Geschichte aufleben. „Nur sehr schwer können wir uns heute vorstellen, wie die gesellschaftliche Situation vor 120 Jahren geprägt war“, so Schlecht in ihrer Rede. „Mädchen hatten oft nicht die Chance, eine gleichwertige Schulbildung wie Jungen zu erhalten, unverheiratete Frauen konnten keine gesellschaftliche Verantwortung übernehmen und keinen Beruf ergreifen, die soziale Not war groß, in Kirchengemeinden mussten Pfarrfrauen oft diakonische Dienste übernehmen, für die sie weder ausgebildet noch anderweitig vorbereitet waren.“ Mit der Ausbildung in der Krankenpflege traf der Diakonieverein also genau den Nerv der Zeit. Vor allem sei Frauen ermöglicht worden, selbstständig zu sein, Verantwortung für sich und andere zu übernehmen.
Im Laufe der Jahre kamen weitere Berufsausbildungen dazu, wie Heimerzieherin und Hebamme. Heute konzentriert man sich wieder auf die pflegerische Ausbildung.
Der Verein habe sich stets den Erfordernissen der Zeit angepasst, so Schlecht. Das tue er auch heute. Heute gebe es andere soziale Nöte als 1894 – das Auseinanderklaffen von Arm und Reich, unterschiedliche Bildungschancen, die Überforderung pflegender Angehöriger. Darauf wolle man reagieren. Basis all dieser Arbeit sei der „christliche Glaube als unser Fundament“.

An Bäumen und Sträuchern hingen die Glückwünsche für den Diakonieverein. Foto Gogol
Den Gründern des Vereins zollte Schlecht ihren Respekt: „Sie hatten den Mut, ein Wagnis einzugehen – ohne zu wissen, wie es ausgehen würde. Sie waren bereit, selbst Schritte zu tun und ihrem Glauben so Taten folgen zu lassen, auch wenn sie nicht sicher sein konnten, ob der Boden trägt.“
Auch die Direktorin des Diakonischen Werkes Berlin-Brandenburg-schlesische Oberlausitz, Pfarrerin Barbara Eschen, würdigte die Arbeit des Vereins, der derzeit 500 Schüler an 15 Standort ausbildet und damit einen „wesentlichen Beitrag für die Nachwuchsgewinnung für die ambulante und stationäre Pflege“ leiste. Zudem ist der Verein mit rund 2.000 Schwestern und Pflegern Träger der größten evangelischen Schwesternschaft Deutschlands – und damit von großer Bedeutung für das Gesundheitswesens der gesamten Gesellschaft. Als solcher müsse er sich aber auch den Herausforderungen einer Zeit stellen, in der Gesundheitsfragen zunehmend von ökonomischen Gesichtspunkten aus betrachtet werden. Dabei wisse man doch gerade in diesem Verein, dass körperliches und seelischen Wohlbefinden zusammen gehören, sagte Eschen.
Zu dem Jubiläum, „das weit über die Bezirksgrenzen hinaus strahltt“, gratulierte auch Steglitz-Zehlendorfs Bürgermeister Norbert Kopp (CDU). „Durch Ihr gesellschaftliches Schaffen im Dienste am Hilfsbedürftigen machen Sie dieses Jubiläum hier und heute überhaupt erst möglich. Und deshalb bin ich fest davon überzeugt, dass Ihre beispielhafte Arbeit auch zukünftig Bestand haben wird“, lobte er.
Und natürlich ließ es auch Andreas Schiel, Pfarrer der Zehlendorfer Paulusgemeinde, wenn auch erkrankt, sich nicht nehmen, zu gratulieren. Seit 1898 besteht eine enge Verbindung zwischen Diakonieverein und Paulusgemeinde. Die Diakonieschwestern hätten in der Gemeinde einen „bleibenden Eindruck hinterlassen und haben ihr Bild von dem geprägt, was eine Kirchengemeinde ausmacht.“
Nach so vielen Glückwünschen und warmen Worten war es Zeit für Taten – im Garten des Hauses wurde als Zeichen für die Zukunft ein Baum gepflanzt. An ihm, so wie an viele anderen Bäumen und Sträuchern, hatten Schwestern, Mitglieder und Mitarbeiter Glückwünsche für den Jubilar hinterlassen.
(go)