Wollte der preußische König von seiner Residenz in Potsdam zum Schloss nach Berlin oder umgekehrt, musste er durch das heutige Zehlendorf. Vielleicht gibt es dort deshalb gleich zwei Königstraßen – je eine in Wannsee und eine in Zehlendorf – und einen Königsweg.
In unserem StraßenABC widmen wir uns dem Königsweg. 1730 hatte König Friedrich Wilhelm I., auch bekannt als Soldatenkönig, diesen „Schnellweg“ anlegen lassen, den er auch selbst als Abkürzung benutzte. Der Weg führte von Zehlendorf-Mitte durch den Düppeler Forst und Kohlhasenbrück nach Potsdam. Der Abschnitt von Zehlendorf-Mitte bis zur Wannseebahnbrücke heißt heute Königstraße.
1792 verlor der sandige Königsweg an Bedeutung, als parallel dazu eine Chaussee von Zehlendorf nach Potsdam gebaut wurde, heute die Bundesstraße 1 – die in Wannsee ebenfalls Königstraße heißt.
Der Königsweg ist nicht durchgängig befahrbar.
Einer der ersten Anlieger von der Königstraße kommend ist der Reitplatz Düppel, gleich daneben hat die Freie Universität Berlin einen Campus, auf dem große Teile des Fachbereichs Veterinärmedizin untergebracht sind. Zudem sind entlang des Weges zahlreiche Tierkliniken zu finden, so die Klinik und Poliklinik für kleine Haustiere, die Kliniken für Pferde, für Klauentiere und die Tierklinik für Fortpflanzung sowie das Institut für Geflügelkrankheiten. Entstanden sind die Universitätsgbäude auf dem ehemaligen Rittergut Düppel. Die denkmalgeschützten Insthäuser, also die Wohnhäuser der Landarbeiter, das Herrenhaus und eine Brennerei, die in den 30er Jahren des 19. Jahrhunderts entstanden, zeugen von der Geschichte des Gutes.
1828 hatte der Salzschifffahrtsdirektor und Holzinspektor Friedrich Bensch – dessen Grab übrigens hinter der Revierförsterei Dreilinden im Düppeler Forst liegt – den Gutshof, den er Vorwerk Neu-Zehlendorf nannte, errichtet. Dort wurde unter anderem auch Schnaps gebrannt. Prinz Friedrich Karl kaufte 1859 das Gut und richtetet dort ein Pferdegestüt ein. Als Dank für seine Siege im Deutsch-Dänischen Krieg wurde seinem Gut, das er zum größten Teil einem ortsansässigen Bauern verpachtet hatte, zum Rittergut erklärt. Am 13. Januar 1865 wurde das Patent verliehen. Eine Gedenktafel am Oertzenweg kündet davon. Doch auch die Zeit des Nationalsozialismus ging an dem Rittergut nicht vorbei. 1933 wurde dort die Reichsreiterschule der SA errichtet.
Von noch einer weiter zurückliegenden Geschichte kündet das nebenan liegende Museumsdorf Düppel, an dessen Rückseite der Königsweg vorbeiführt. Es ist der Nachbau eines slawischen Siedlungsdorfes, das gegen Ende des 12. Jahrhunderts entlang einer Straße zwischen den askanischen Burgen Spandau und Saarmund entstand. Um 1230 soll die Siedlung am heutigen Landschaftsschutzgebiet Krummes Fenn rund 16 Häuser umfasst haben, die hufeinsenförmig um einen großen Dorfplatz angeordnet waren. Nach einer Generation aber wurde die Siedlung aufgegeben.
Auf einer Fläche von rund acht Hektar versucht das Museumsdorf Düppel die Bebauung, Handwerke und Landwirtschaft aufgrund historischer Quellen zu rekonstruieren und die Geschichte für Besucher erleb- und erfahrbar zu machen. Das Museumsdorf ist allerdings auch ein Zentrum experimenteller Archäologie, denn es erforscht auch mittelalterliche Fertigungstechniken und dokumentiert diese.
Folgt man dem Königsweg weiter, kommt man am ehemaligen Kinderheim Lindenhof vorbei. Heute mit der Adresse Quastheide 1, früher Königsweg 130. Auf dem Gelände zeugen noch zwei alte Gebäude von der ursprünglichen Geschichte des Weges. Die beiden mit Reet gedeckten Häuser, eines davon ein Stall, waren Teil einer Poststation Friedrichs des Großen. Das Heim gibt es nicht mehr, aber Kinder- und Jugendarbeit wird auch heute noch dort betrieben. So ist in zwei Häusern die Mädchenwohngruppe des Vereins Sozialarbeit und Segeln untergebracht. Auch eine Kita ist auf dem Gelände zu finden.
In den 1980er Jahren entstand auf dem umliegenden Gelände mit Pferdehöfen, einer Ranch und einem Moto-Cross-Gelände die Gartenstadt Düppel, eine moderne Wohnanlage für Familien. Sie wurde zum Teil dort errichtet, wo nach Ende de Zweiten Weltkriegs die Amerikaner ein Camp für sogenannte „Displaced Persons“ (DP) errichteten. Mehr als 5.000 Juden, die die Shoah überlebt hatten, lebten in diesem Durchgangangslager. Sie hatten keine Heimat, in die sie zurückkehren konnten oder wollten. Hinzu kamen zahlreiche Juden aus Osteuropa, die ebenfalls auf eine Ausreise nach Palästina oder in die USA warteten. Es entstand ein gut organisiertes kleines „Schtettl“, für das aber mit der Berlin-Blockade das Ende kam. Heute erinnert eine Gedenktafel an der Potsdamer Chaussee an dieses DP-Camp.
(Fortsetzung folgt)
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Das war der erste Teil unseres Artikels zur Geschichte einer der wohl längsten und geschichtsträchtigsten Straßen in Steglitz-Zehlendorf. Ein zweiter wird folgen. Doch wir wollen auch von Ihnen wissen: Welche Erinnerungen verbinden Sie mit dem Königsweg? Was haben Sie dort erlebt? Haben Sie vielleicht sogar noch Fotos, etwa vom Bau der Gartenstadt oder aus der Zeit des Kinderheims Lindenhof? Wir freuen uns auf Ihre Geschichten/Kommentare!
(go)