
Cerstin Richter-Kotowski, hier bei der Einweihung der Außenrückgabe der Ingeborg-Drewitz-Bibliothek, will die Nachfolgerin von Bezirksbürgermeister Norbert Kopp werden. Foto: Gogol
Gute Chancen, die erste Bezirksbürgermeisterin in Steglitz-Zehlendorf zu werden, hat Cerstin Richter-Kotowski, Spitzenkandidatin der CDU. Seit 2006 ist die 54-Jährige als Bezirksstadträtin für die Abteilungen Bildung, Kultur und Bürgerdienste verantwortlich, 2011 kam die Abteilung Sport hinzu.
Frau Richter-Kotowski, Sie sind derzeit Bezirksstadträtin, warum wollen Sie nun Bezirksbürgermeisterin werden?
Richter-Kotowski: Ich bin jetzt zehn Jahre Bezirksstadträtin und habe viel erreichen können – sowohl innerhalb der Verwaltung als auch nach außen. Wir haben in den vergangenen fünf Jahren 125 Millionen Euro in unsere Schulen investiert, ich habe Teile der Verwaltung neu organisiert, für Sportvereine neue Pachtverträge abgeschlossen, und wir haben gebaut. Zuvor war ich zehn Jahre Mitglied des Abgeordnetenhauses. Die Erfahrungen, die ich auf beiden Ebenen gemacht habe, möchte ich für die Bürgerinnen und Bürger einsetzen, um unseren Bezirk, in dem viele sehr gerne leben, so schön zu erhalten und weiterzuentwickeln. Unsere Stadt wird bald vier Millionen Einwohner haben. Es wird gebaut und saniert. Nicht nur Wohnungen, sondern auch Straßen, Spielplätze, Schulen und Sportstätten. Hier müssen wir gemeinsam dafür sorgen, dass unsere Kieze weiter so lebendig bleiben und Wohnen, Arbeiten und Leben neben einander für alle Generationen attraktiv ist.
Ihre Partei wirbt mit dem Slogan „Können nur wir“ – zum Beispiel „ Neue Bäume“ und „Nikolassee erhalten“. Kann Ihre Partei auch Haushalt? Welche Pläne hat sie, das derzeitige Defizit auszugleichen und so eine Haushaltssperre zu verhindern?
Richter-Kotowski: Derzeit wird in der Verwaltung mit Hochdruck an Vorschlägen gearbeitet, wie das Defizit aufgelöst werden kann. Dabei muss aber nicht nur auf die Ausgaben geschaut, sondern auch die Einnahmen betrachtet werden. Die Bezirke werden nach einem komplizierten System vom Senat und Abgeordnetenhaus finanziert. Da gibt es gar nicht so viele Möglichkeiten, als Bezirk eigenständig zu handeln. Daher muss nicht nur das aktuelle Defizit aufgelöst, sondern auch Überlegungen angestellt werden, welche Strukturen geändert werden müssen, damit in Zukunft kein Defizit neu entsteht.
An den Steglitz-Zehlendorfer Schulen gib es einen Sanierungsstau von mehr als 450 Millionen Euro. Wie wollen Sie und die CDU diesen abbauen?
Richter-Kotowski: Lassen Sie mich betonen, dass dieser Sanierungsstau nicht nur in Steglitz-Zehlendorf, sondern auch in allen Bezirken aufgelaufen ist. Das lag daran, dass der rot-rote Senat den Bezirken nicht genügend Geld zur Verfügung gestellt hat. Irgendwann reicht es nicht mehr, das Loch in der Wand zu stopfen, sondern man muss die gesamte Fassade erneuern. Das ist ein normaler Vorgang, auf den ich vor zwei Jahren bereits hingewiesen habe. Das gilt übrigens nicht nur für Schulen, sondern auch für Straßen und Plätze oder unser Rathaus. Es wurde mangels Geld in den vergangenen 25 Jahren zu wenig in die bauliche Unterhaltung investiert. Hier hat, obwohl ich 2014 bereits auf den Sanierungsstau hingewiesen habe, mir aber keiner geglaubt hat, endlich ein Umdenken stattgefunden. Besser später als nie!
Wenn Sie einen Schwerpunkt auf die Sanierung der Schulen legen, leiden darunter nicht andere Sanierungsmaßnahmen, wie die an öffentlichen Gebäuden oder Straßen? Wie wollen Sie das verhindern?
Richter-Kotowski: Wir brauchen mehr Geld und mehr Personal in den Bezirken, um vernünftig zu investieren und zwar in allen Bereichen. Außerdem brauchen wir auch mehr Geld für den laufenden Unterhalt, damit nicht wieder so ein
Sanierungsstau entsteht. Es gibt Investitionen, die einfach vorgenommen werden müssen.
Steglitz-Zehlendorf ist der Bezirk mit den ältesten Einwohnern, und die Zahl der Senioren wird weiter steigen. Welche Antworten hat die CDU auf den demografischen Wandel und seine Herausforderungen, unter anderem auch erschwinglicher Wohnraum?
Richter-Kotowski: Die Belange der älteren Bürgerinnen und Bürger müssen bei jeder Planungmit einbezogen werden. Außerdem kommen viele Einzelheiten, beispielsweise abgesenkte Bordsteine, auch anderen Bevölkerungsgruppen zum Beispiel Familien oder Menschen mit Behinderungen zugute. Und wir brauchen auch in unserem Bezirk mehr bezahlbare Wohnungen. Mit dem Berliner Modell, das bedeutet, dass die Kosten beispielsweise für zusätzliche Plätze in Kindertagesstätten oder Grundschulen über einen mit dem Investor zu schließenden städtebaulichen Vertrag sichergestellt werden, sind wir auf dem richtigen Weg.
Die Steglitz-Zehlendorfer CDU hat vor einiger Zeit die Idee von einem Fahrradschnellweg auf der Stammbahntrasse entwickelt. Das stieß sowohl beim Nachbarn Kleinmachnow als auch beim Fahrgastverband und anderen Parteien, die um die Stammbahn fürchten, auf Kritik. Warum halten Sie an der Idee vom Fahrradschnellweg fest?
Richter-Kotowski: Die Trasse der Stammbahn ist seit vielen Jahren ungenutzt. Selbst wenn bald der Beschluss zur Wiederinbetriebnahme der Strecke fiele, vergehen Jahrzehnte, bevor tatsächlich gebaut werden würde. Außerdem gibt es noch gar keine Finanzierung. Daher finde ich unseren Vorschlag sehr sinnvoll. In den kommenden Jahren muss in der öffentlichen Infrastruktur so geplant werden, dass jeder zu jedem Zeitpunkt das Verkehrsmittel wählen kann, was er oder sie gerade braucht. Dazu gehören Sharingsysteme ebenso wie ausgebaute Routen.
„Fühlen sie sich wohl in Steglitz-Zehlendorf? Wir sind Schuld“ heißt es auf einem Wahlplakat der CDU. Heißt das, dass die Partei, alles was gut läuft im Bezirk, für sich beansprucht? Was ist mit den Dingen, die nicht so gut laufen, ungepflegte Straßen und Grünflächen zum Beispiel, lange Wartezeiten für Termine im Bürgeramt und geschlossene Ämter? Wer trägt daran die Schuld und was kann die CDU dagegen tun?
Richter-Kotowski: Die CDU regiert in beiden Teilen des Bezirks schon seit vielen Jahren. Und wir bekommen von zahlreichen Bürgerinnen und Bürgern viele positive Rückmeldungen, dass sie gerne hier leben. Das zeigt sich auch daran, dass alle Generationen gerne hier wohnen und arbeiten. Unsere Kieze sind lebendig und bieten für alle eine hohe Lebensqualität. Natürlich gibt es auch hier in Steglitz-Zehlendorf Dinge, die nicht ganz so rund laufen, die der Bezirk nicht allein lösen kann. Beispielsweise die Terminvergabe in den Bürgerämtern. Dies ist ein berlinweites Problem und kann nur auf der Senatsebene gelöst werden. In Steglitz-Zehlendorf ist es uns gelungen, zwölf zusätzliche Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter unbefristet einzustellen. Das ist mehr als in den anderen Bezirken. Für die Grünflächen und Straßen brauchen wir aber zusätzlich Geld und Personal. Ohne das geht es nicht.
(go)













Das „Organisationstalent“ kann man eindrucksvoll in der Verwaltung der Musikschule „bewundern“. Nichts funktioniert, weder in der Betreuung der Kunden noch in der Betreuung der dort unterrichtenden Lehrerinnen und Lehrer, die immer noch weiter in dem ohnehin prekären Arbeitsverhältnis als „freie“ Mitarbeiter abrutschen. Nicht einmal die beim Protestkonzert im letzten Herbst offengelegten Probleme wurden so in Angriff genommen, dass ein Fortschritt erkennbar wäre. So gibt es an der Musikschule nicht mehr, sondern weniger Mitarbeiter, weil Arbeitsverträge von „eingearbeiteten“ Mitarbeitern nicht verlängert wurden. Nicht nur das Bürgeramt und die dort als Kunden betreuten Zehlendorfer leiden, sondern auch alle, denen Bildung und Kultur in Zehlendorf am Herzen liegt fürchten um die von Richter-Kotowski zwar gelobte aber gleichzeitig abgebaute Lebensqualität.
Liebe Frau Richter-Kotowski,
danke für Ihren Mut, sich zu bekennen, indem Sie sich kritischen Fragen zu Ihrem politischen Handeln als Stadträtin stellen.
Unserer Zehlendorfer Musikschule, über deren Bedeutung für die kulturelle und soziale Entwicklung unserer Gesellschaft hoffentlich nicht gezweifelt wird, geht es schlecht (siehe auch „Musensohns“ Kommentar).
Dieser Zustand ist u.a. eine Folge der vergangenen Haushaltssperre, die Sie, werte Frau Richter-Kotowski, mit zu verantworten haben.
Darum lautet meine Frage an Sie: Wird sich Ihr politisches Handeln ändern? Werden Sie, auch, wenn dem Senat das Geld wieder knapp wird und die Versuchung erneuter Haushaltssperren wächst, dieser Versuchung standhalten und hinter Ihrer Verantwortung stehen, für ein gesundes Dasein der Musikschule zu sorgen? „Schaffen Sie das“?
Mit bestem Gruß,
Detlef Seydel
P.S. Lassen Sie sich bitte durch meine Un-Berlinische E-Mail-Adresse nicht in die Irre führen. Ich bin (in Berlin) von Ihrer Politik durchaus schmerzhaft betroffen.
Der Bezirk hat in den letzten Jahren einiges Geld in den berliner Sand gesetzt:
1. gescheitertes Bauvorhaben am Rathaus Zehlendorf – 1,5, Mill € (http://www.tagesspiegel.de/berlin/bezirke/steglitz-zehlendorf/gescheiterte-rathaussanierung-in-steglitz-zehlendorf-im-nachhinein-ist-man-schlauer/11254060.html)
2. zu kostspielige Sanierung der Musikschulvilla Grabertstr. – ca 3 Mill €
Für eine Musikschule mit ca. 7000 Schülern viel zu klein und ein Tropfen auf dem heißen Stein, für’s Prestige natürlich vortrefflich geeignet.
3. Eine vergebens auf und wieder ab-gebaute Feuertreppe am Musikschulgebäude Grabertstr. – ca 40.000 €
Es wäre gut sich auch diese Ausgaben mal ehrlich anzugucken.
Zum Thema Musikschule: Natürlich werden nach der Wahl die Musikschulentgelte erhöht werden um mehr Einnahmen zu erwirtschaften, das ist schon beschlossenen Sache.
Die Haushaltssperre, aus der die Musikschule leicht herausgekommen wäre, und es nur wegen interner Machtkämpfe nicht dazu kam, hat zu einer Einsparung von mindestens 440.000 € geführt. Daran knabbert die Musikschule heute noch. Der Abschluss von neuen Schülerverträgen wurde in vielen Fällen weit nach hinten geschoben, so dass es zu einem Stau kommt, dessen Ende nicht absehbar ist. Immer mehr Lehrer wenden sich von der Musikschule ab, weil von einer Planungssicherheit, die das Honorar betrifft, keine Rede mehr sein kann.
Warum hat eigentlich die Volkshochschule fast nichts eingespart während der letzten Sperre? Geschickt umgangen?
Meine leider düstere Prognose für das Jahr 2017:
Im nächsten Jahr stehen der Musikschule laut Auskunft in der BVV Sitzung 847.000 € weniger zur Verfügung. Dadurch werden wieder keine Schülerverträge abgeschlossen werden können und in der Kostenleistungsrechnung, die eine Vergleichsrechnung zwischen den Bezirken ist, wird sich die Musikschule abermals verschlechtern, was zur Folge hat, dass die Zuweisungen weiter sinken werden. Die Haushaltssperre zum Abbau des Bezirkshaushaltsdefizits von ca. 8 Mill € wird kommen und wahrscheinlich eine Übernahme der Verwaltung der Finanzen durch den Senat. Und wie Herr Seydel schon in den Raum gestellt hat, wird die Musikschule bestimmt wieder von der nächsten Haushaltssperre betroffen sein, wenn nicht ein Wunder geschieht.
Ehrlich gesagt weiß ich gar nicht, welche der größere Übel ist; Frau Richter-Kotowski bleibt „nur“ Stadträtin, und setzt die grausame und systematische Zerstörung dieser einst blühenden Kulturlandschaft –allen voran die Musikschule- ungehindert fort, oder sie wird tatsächlich Bürgermeisterin und macht selbige in großem Stil weiter.
Als Kunde und Elternteil an der Musikschule macht es für mich kaum noch ein Unterschied, ob gerade Haushaltssperre herrscht oder nicht. Der Abschluss eines Vertrags ist und bleibt eine unendliche Odyssee, ein monatelanger verbitterter Kampf, ganz nach dem Vorbild von Kafkas Schloss. Gerade erreichte mich die Nachricht, dass der Abschluss neuer Verträge auch jetzt, wo die Musikschullehrer nach den unbezahlten Sommerferien gern versuchten vom Jobcenter zu ihren Beruf zurückzukehren, aus unbekanntem Grund gerade nicht möglich ist. Vielleicht zu November, heißt es. Bis dahin können die Lehrer sich gern in der Photosynthese weiter üben.
Während wir für die Musikunterricht nach wie vor durchgehend und pauschal bezahlen, erhalten unsere Musikschullehrer ihr Honorar nur noch außerhalb den Ferien und Feiertagen, einzeln abgerechnet, nach den tatsächlich stattgefundenen Stunden. Was machen Sie mit dem Rest unseren Entgelten, Frau Richter-Kotowski? Und wie würde es sich anfühlen, wenn Sie Ihren Arbeitslohn nach ähnlichem Prinzip erhalten würden? Oder noch besser, wie wäre es mit einen Erfolgsquote?
Ein paar mehr oder weniger arme Mitarbeiter in der Verwaltung würde diese hochgradig gesetzwidrige Praxis leider auch nicht verändern.