
Lieber Stulle als Mensa? Verweigerung könnte eine Möglichkeit der Schule sein, sich gegen den neuen Caterer zu wehren. Archiv-Foto: Dieter Schütz / pixelio.de
Im Oktober noch hatte Senatorin Sandra Scheeres nach Steglitz-Zehlendorf eingeladen, um der Öffentlichkeit zu zeigen, dass beim neuen Vergabeverfahren für das Schulessen auch die Schüler mitreden dürfen. Zum Testessen der Schulen des Bezirks war sie gekommen. Doch zumindest in drei Schulen blieb den Beteiligten das Essen nachträglich im Halse stecken. Denn statt des von den schulischen Testern gewählten Caterers müssen sie sich zukünftig von einem Caterer versorgen lassen, den die bezirkliche Ersatzjury ausgewählt hat. Betroffen davon sind die Zinnowald-, die Schweizerhof- und die John-F.-Kennedy-Schule. Letztere war am Mittwoch in der Bezirksverordnetenversammlung mit einer Delegation Schülern zu Gast, als Bezirksstadträtin Cerstin Richter-Kotowski (CDU) erklärte, wie es dazu kommen konnte.
Schul- und Ersatzjury hatten gemeinsam am Testessen teilgenommen. Gab es beim sensorischen Test, bei dem es um Aussehen, Geruch, Geschmack und Mundgefühl ging, in mindestens zwei Kategorien eine große Abweichung, so zählte das Urteil der Ersatzjury, die aus Mitarbeitern des Bezirksamtes bestand.
Es sei ein sehr kompliziertes Verfahren gewesen, erklärte Richter-Kotowski, das berlinweit angewendet wurde. Für Steglitz-Zehlendorf gebe es keine anderen Regelungen, keinen Ermessensspielraum. „Ich weiche nicht ab, weil es mit Spaß macht. Ich würde viel lieber dem Votum der Kennedy-Schule folgen. Aber ich kann es nicht“, betonte die Bezirksstadträtin. Gleichzeitig warf sie aber auch der Schule vor, nicht neutral abgestimmt zu haben, weil es sonst keine solch großen Abweichungen gegeben hätte. Dies sorgte in der Schuldelegation für Unmut.
Die Kommission der Schule habe sich ausführlich auf das Testessen vorbereitet, erklärt Gesamtelternvertreterin Leah Hecker. „Sie haben sich die größte Mühe gegeben“, eben um nicht den Eindruck zu erwecken, man habe den bisherigen Caterer bevorzugen wollen. Die Urteile der Schuljury seien zwar unterschiedlich, aber nicht sehr weit auseinander, sagte sie. Die große Diskrepanz zum Votum der Ersatzjury könne sie sich nur erklären, wenn die „willkürlich zusammengewürfelte“ Bezirksjury durchweg die Höchstpunktzahl vergeben hätte. Das ist allerdings nur eine Vermutung, denn Akteneinsicht habe man, trotz mehrfacher Anfrage, bisher nicht erhalten.
Die John-F.-Kennedy-Schule war bisher vom Caterer Green Unlimited beliefert worden, für den man sich auch im Testessen wieder entschieden hatte. Zukünftig soll die Schule nun aber von Sodexo beliefert werden. Das will die Schule nicht hinnehmen, betont Hecker. Dabei ginge es nicht darum, den eigenen Kopf durchzusetzen, sagt sie. Sondern man habe Bedenken gegen den neuen Caterer. Mit dem bisherigen sei man sehr zufrieden. „Er passt philosophisch gut zu uns“, so Hecker. Es ist ein Berliner Mittelständler, der lokal einkaufe und soziale Projekte anbiete, an denen sich die Schüler auch beteiligen. „Wir wollen nicht von dem größten Arbeitgeber Europas versorgt werden, der täglich Millionen von Essen herausgibt“, betont die Mutter. Und schon die Übergabeverhandlungen zeigten, dass der neue Anbieter bestimmte Standards nicht erfüllen könne. So stünden die beiden Cafeterien der Schule auf dem Spiel, es werde auch kein Geschirr gestellt, so dass der Bezirk für 1.700 Schüler Teller, Tassen und Besteck kaufen müsste. Mitarbeiter, die seit zehn Jahren an der Schule arbeiteten und die Kinder kennen, würden gehen, weil ihnen Verträge zu schlechteren Bedingungen angeboten worden seien. Es ärgere sie, dass Bezirk und Senat sich auf die Formalien zurückziehen. „Gesunder Menschenverstand zählt hier nicht“, so Hecker.
Aufgeben werde man nicht, versichert die Elternvertreterin. Man werde weiterhin überall „Bitten und Betteln“, Unterschriften werden gesammelt, und es werden Möglichkeiten des zivilen Widerstandes erwogen. Eltern, Lehrer und Schüler würden sich nun zusammensetzen, um gemeinsam zu beraten, wie es weitergehen soll. Auch Richter-Kotowski hatte Gespräche mit den Schulen angekündigt.
Die neuen Verträge für das Schulessen gelten ab 1. Februar 2014. Die Laufzeit endet am 31. Juni 2017. Zwar seien Kündigungen, sowohl ordentliche als auch fristlose, möglich, dafür bedürfe es überprüfbarer Gründe, so Richter-Kotowski in der BVV.
(go)