Grafik: Sven Pfrommer

 

In der Petruskirche am Oberhofer Platz ist derzeit eine Ausstellung mit Werken der Künstlerinnen Eva Moeller und Renate Pfrommer zu sehen.

Zur Vernissage sprach Ulrike Meyer. Wir veröffentlichen die Laudatio im Wortlaut:

Das Kunstjahr 2025 in der Petruskirche eröffnet mit der Doppelausstellung „Facing Nature“, frei übersetzt: Die Natur im Blick!, der Künstlerinnen Eva Moeller und Renate Pfrommer. Beide sind preisgekrönt und international bekannt. Beide leben und arbeiten mitten unter uns, hier im Lichterfelder Kiez, beide begleiten einander seit mehr als 40 Jahren, sowohl als Künstlerkolleginnen als auch als Freundinnen.

Kennengelernt haben sich Eva Moeller und Renate Pfrommer bereits vor über 40 Jahren, während ihres Studiums an der Hochschule für bildende Künste in Berlin, der heutigen UdK, Universität der Künste Berlin. Neben ihrer Leidenschaft für ihre Kunst verbindet sie das Fernweh und die Neugier auf fremde Kulturen und deren Menschen. Reisen ist für beide ein Gewinn, sie genießen das Unbekannte, und das Unterwegssein ist für sie eine Quelle, aus der sie Kraft schöpfen und Inspiration finden für ihr kreatives Arbeiten.

 

Die Künstlerinnen Eva Moeller und Renate Pfrommer vor dem Bild „verflochten“, 2024 | Foto: Anja van Kampen

 

Trotz ihrer Verbundenheit sind beide Frauen ihren ganz eigenen künstlerischen Weg gegangen, aber immer wieder hat es spannende Schnittstellen gegeben.

Der Titel der Ausstellung „Facing Nature“, die Natur im Blick, ist durchaus programmatisch zu verstehen, denn in ihren Bildern widmen sich die Malerinnen intensiv Phänomenen der Natur. Die Künstlerinnen bieten uns jedoch keine Landschaftsmalerei im klassischen Sinne. Sie zeigen uns weder liebliche noch zerstörte Gegenden. Sie präsentieren uns weder weite Panoramen noch romantische Idyllen, weder illusionistische Ideallandschaften noch verstörende Dystopien.

Eva Moeller und Renate Pfrommer lösen sich von dem großen Ganzen der Natur. Sie beobachten, tauchen ein, lassen sich faszinieren. Ihr Blick gleicht einem Mikroskop, er vergrößert selbst kleinste Partikel. Ihr Pinsel seziert und zerlegt das Ausgangsbild. Sie sind mittendrin in der Natur. Nicht umsonst hat Renate Pfrommer einige ihrer hier präsentierten, großformatigen Bilder auch so betitelt: „Mittendrin“ – im Mangrovenwald, in einer Sumpflandschaft oder in einem Bambushain.

 

Renate Pfrommer, „Reflexionen. Die am Rande“, 2014 | Foto: Anja van Kampen

 

„Mittendrin“ sein und gleichzeitig “Draußen“ sein. Im Freien zu malen heißt für beide Künstlerinnen, verschmelzen mit der Natur und eins werden mit der Umgebung. Sie extrahieren Details, legen Ausschnitte frei und lassen alles weg, was ablenkt. Ihre Bilder wirken wie Konzentrate und fesseln den Blick der Betrachtenden und verbinden, insbesondere Stadtmenschen, mit der Natur.

Eva Moeller hat sich viele Jahre malerisch mit dem pulsierenden Leben und Treiben in den Straßen der Großstadt auseinandergesetzt und ist mit ihren spiegelnden Stadtbildern bekannt geworden. Als Kontrast braucht und sucht sie jedoch, ebenso wie Renate Pfrommer, die Ruhe und Schönheit der Natur.

Auch wenn Eva Moeller und Renate Pfrommer im Freien arbeiten, sehen sie sich nicht in der Tradition der En plein air Malerei. Viele ihrer Skizzen oder ihrer fotografischen Erinnerungen setzen sie künstlerisch in ihren Ateliers um. Denn einfach nur die Natur kopieren oder abzeichnen ist nicht ihre Absicht. Sie wollen gestalten mit den Tiefen ihres kreativen Fundus – ganz im Sinne des französischen Impressionisten Paul Cézanne, der schon Ende des 19. Jahrhunderts sagte: „Man muss die Natur nicht reproduzieren, sondern präsentieren, durch was? Durch gestaltende farbige Äquivalente“.

Dies ist, wie wir in der Ausstellung sehen können, beiden Künstlerinnen gelungen.

 

Renate Pfrommer vor ihrem Bild „Mittendrin- Mangrovenland“, 2024 | Foto: Anja van Kampen

 

Beispielsweise Renate Pfrommers jüngstes Bild aus dem letzten Jahr „Mittendrin – Mangrovenland“, 2024, eine Erinnerung an eine ihrer Asienreisen. In dichten, knalligen Farben beschert sie uns einen kleinen Ausschnitt eines Mangrovenwaldes, der in Wirklichkeit ein riesiges, verschlungenes und faszinierendes Ökosystem ist und entscheidend für den Klimaschutz. In zarteren Farben wiederum widmet sich Renate Pfrommer über Jahre immer wieder der Ästhetik des Bambus, einem schnell nachwachsenden Rohstoff von großer ökologischer, aber auch kultureller Bedeutung. Bambus ist in der asiatischen Kultur ein beliebtes Motiv und steht für Integrität, Widerstandsfähigkeit und Eleganz. Besonders Letzteres zeichnet diese Bilderserie von Renate Pfrommer aus.

Eva Moeller konzentriert sich mit ihrer aktuellen Serie aus den Jahren 2023/2024 ausschließlich und sehr eindrucksvoll auch auf ein besonderes Ökosystem, auf das sog. „Totholz“ unserer heimischen Gefilde. Beharrlich richtet sie ihren Blick auf ein scheinbar unattraktives Sujet – auf das Gestrüpp! Ein dichtes, wildes Gewirr aus abgestorbenen Blättern und Blüten, Zweigen und Ranken. Totes, aber wertvolles Material, das auf dem Erdboden mit seinen Ablagerungen und Schichtungen einen neuen Lebensraum für Kleintiere und Insekten ermöglicht. Und im übertragenen Sinne – so Eva Moeller – kann der Begriff Gestrüpp auf den Menschen angewendet werden, denn er muss sich „ein Leben lang durch sein Gewirr von Strauchwerk kämpfen (…), um sich den Wurzeln seines Lebens zu nähern“ und dort nach verschütteten, jedoch noch lebendigen Anteilen seiner Selbst zu suchen. Ihre Bildtitel, „verknäult“, „verworren“, verflochten“, „versteckt“ und „entwurzelt“ bekommen somit eine zusätzliche philosophische Dimension.

 

Eva Moeller, „verwirrt“, 2024 | Foto: Anja van Kampen

 

Beide Malerinnen reflektieren in ihren Werken subtil ihre Beziehung und Gefühle gegenüber der Natur sowie deren ökologische Zusammenhänge. Auf diese Weise sind ihre Arbeiten durchaus auch Appell und Mahnung zugleich. Die Bilder von Eva Moeller und Renate Pfrommer werben für den Schutz der Natur, warnen vor ihrer Zerstörung und fixieren ihre Schönheit.

Renate Pfrommer – Studium an der Berliner HdK und an der Florida Atlantic University in den USA. Zahlreiche Ausstellungen und Workshops im In- und Ausland, internationale Stipendien und Auslandsaufenthalte u.a. in Spanien, Türkei, Kanada, Schweiz und Österreich. Dozentin an der VHS Steglitz-Zehlendorf. https://renatepfrommer.de

Eva Moeller –  Studium der Malerei und Kulturpädagogik an der Berliner HdK,  Zahlreiche Ausstellungen im In- und Ausland, internationale Stipendien und Auslandsaufenthalte  u. a. in China, Polen, Rumänien, Ungarn und Spanien. Einige ihrer Werke sind im Werke im öffentlichen Besitz: Bezirksamt Berlin-Steglitz, MTU – Flugzeugbau, Berlin-Kanada, Romain Association Of Creative Women in Fine Art Field – Galerie Bukarest. Dozentin an der VHS Steglitz-Zehlendorf. https://www.eva-moeller-online.de/

Text: Ulrike Meyer

Fotos: Anja van Kampen

Ausstellung „Facing Nature“

Von Eva Moeller und Renate Pfrommer

Bis 28. Februar 2025

Petruskirche, Oberhofer Platz, 12207 Berlin

https://www.petrus-kultur.de/ausstellungen

Die Türen Petruskirche sind jeden Mittwoch und Samstag von 10 bis 13 Uhr für Besucherinnen und Besucher geöffnet sowie vor oder nach jeder Kulturveranstaltung.

Eva Moeller, „verstecktes Laub“, 2024 | Foto: Anja van Kampen

 

 

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