Steglitz hat seit Montagabend eine Blindenbibliothek. Sie trägt den Namen der blinden Sängerin und Pädagogin Betty Hirsch, die sich nach dem Ersten Weltkrieg an der Berliner Blindenschule, dem Ort, an dem sich heute auch die Blindenbibliothek befindet, engagiert hat.
Erster prominenter Gast wird Bundesminister Dr. Wolfgang Schäuble sein, der als Lesepate im Rahmen des bundesweiten Vorlesetages am 20. November blinden, sehbehinderten und nichtbehinderten Grundschulkindern Geschichten vorlesen wird.
Die Blindenbibliothek Betty Hirsch geht aus der Schulbücherei der Johann-August-Zeune-Schule, der einzigen Schule für Blinde und Sehbehinderte in Berlin, hervor. Mit der Umgestaltung zu einer öffentlichen Teilbibliothek wird diese zukünftig nicht mehr nur für Schüler der Berliner Blindenschule, sondern für Interessierte aller Altersgruppen aus ganz Berlin – über Fernleihe sogar aus dem gesamten Bundesgebiet – nutzbar sein.
Die Idee, die Blindenbibliothek öffentlich zu machen, kam von Schulleiter Thomas Schumacher und seinem engagierten Pädagogenteam. „Wir wollen damit allen Punktschriftlesern einen noch besseren Service bieten und interessierte Berliner motivieren, sich mit der nach Louis Braille benannten Blindenschrift auseinander zu setzen“, erklärt Schumacher.
Unterstützung bekam die Schule von der Senatsverwaltung für Bildung, Jugend und Wissenschaft, dem Bezirksamt Steglitz-Zehlendorf, den Berliner Öffentlichen Bibliotheken sowie privaten Spendern. Der Bibliothekssaal wurde grundlegend modernisiert und barrierefrei gestaltet. Der etwa 10.000 Bände umfassende Blindenschriftbestand soll nun stetig erweitert werden. Einen Schwerpunkt werden tastbare und besonders kontrastreiche Bilderbücher für blinde und sehbehinderte Kinder bilden, zum Beispiel die Tastbuchversion von „Die kleine Raupe Nimmersatt“, sowie zeitgemäße Kinder- und Jugendliteratur. So gibt es bereits alle sieben Harry-Potter-Bände in gedruckter Form (Schwarzschrift) sowie in Brailleschrift. Da die Brailleschrift mehr Platz beansprucht, umfassen die Harry-Potter-Bände in Punktschrift 39 Bände, von denen jeder so groß wie ein Atlas oder ein Telefonbuch ist.
Auch für Erwachsene gibt es ein umfangreiches Angebot, welches Klassiker, Belletristik sowie Sachbücher umfasst. Im Zuge der Erweiterung des Bestands soll es neben Büchern in Blindenschrift auch Hörbücher und Hörfilme geben.
Die Blindenbibliothek Betty Hirsch wird dem Verbund der Öffentlichen Bibliotheken Berlins (VÖBB) angegliedert, sodass Recherche, Bestellung und Ausleihe von Medien folglich künftig telefonisch oder über den regulären Online-Katalog der Stadtbüchereien möglich sein werden. Hierzu ist lediglich ein Leihausweis der Öffentlichen Bibliotheken Berlins notwendig. Zusätzlich wird der Medienbestand der Berliner Blindenbibliothek in den bundesweiten Online-Katalog der Mediengemeinschaft für blinde und sehbehinderte Menschen e.V. (Medibus) aufgenommen und somit für alle blinden und sehbehinderten Nutzerinnen und Nutzer im deutschsprachigen Raum zugänglich und kostenfrei zu entleihen sein.
(sn)