Willkommen im Bordell: Die Schattenlichter entführen ihre Zuschauer dieses Mal in die westdeutschen Provinz der 1950er Jahre. Fotos: Gogol

Damen, leicht bekleidet mit Dessous und Strapsen, laufen durch den Saal, Herren in altmodischen Anzügen winken mit 100 D-Mark-Scheinen – am Sonntag verwandelte sich das Gemeindehaus der Paulus-Gemeinde am Teltower Damm in ein Bordell der 1950er Jahre. Und das wird noch mehrmals passieren, bis die Zehlendorfer Theatertruppe „Die Schattenlichter“ ihr neuestes Stück aufführt: „Lola“.

Es ist Sonntag, 11 Uhr. Noch in „normalen“ Jeans, Jacken und Schuhen warten die „Schattenlichter“ auf den Schlüssel zum Gemeindehaus. Ein langer Tag mit Durchlaufprobe liegt vor ihnen. Bis 17 Uhr soll das Stück von Peter Märthesheimer komplett durchgespielt und besprochen werden, mit Musik, Licht und Kostümen. Es ist die heiße Phase, am 6. März ist Premiere. Bis dahin wird zweimal wöchentlich geprobt.

Premiere mit Musik und Tanz

Bevor es am Sonntag richtig los geht, schlüpfen die „leichten Mädchen“ in ihre knappen Kostüme und gehen noch einmal ihre Choreografien durch. Zum ersten Mal in der 28-jährigen Geschichte der Laienschauspielgruppe wird in dem neuen Stück gesungen und getanzt. Choreografiert hat die Tänze Sirpa Seethaler. Die ist unter anderem Gymnastiklehrerin und tanzt seit ihrer Kindheit. Und so legt sie auch mit Leichtigkeit einen Spagat auf der Bühne hin. Sirpa Seethaler ist aber nicht nur Choreografin, sondern vor allem spielt sie die Titelrolle in dem Stück. „Was mit an der Rolle gefällt, ist, dass man laut sein darf, dass man trinken darf, aber ich kann auch schüchtern sein, wenn sich die Liebesbeziehung anbahnt“, berklärt Seethaler. Sie ist erst seit 2011 in der Gruppe, in der „Stolz und Vorurteil“-Inszenierung im vergangenen Jahr spielte sie erstmals mit, da noch in einer Nebenrolle.

Mit am längsten dabei ist Elke Brumm, die 1986 zu den Schattenlichtern kam. Sie spielt dieses Mal eine Sekretärin aber auch eine Hure. So wie viele weibliche Mitglieder der Truppe in diesem Jahr Doppelrollen übernehmen – mal als brave Ehefrau, mal als leichtes Mädchen.

Korruption und Bigotterie

Wie in jedem Jahr sei man bei der Wahl des Stückes sehr pragmatisch vorgegangen, erklärt Brumm. Man schaut, wer noch mitmachen will und ob er oder sie eine kleine oder eine große Rolle spielen möchte – und danach sucht man Stücke aus. Drei Vorschläge kommen in die engere Auswahl und dann wird abgestimmt – „ganz basisdemokratisch“. „Lola“ sei kurzweilig und spiele in einer Epoche, zu der die Truppe bisher noch nichts gemacht habe, erläutert Brumm. Die 1950er Jahre kennen zumindest die Eltern der Laienschauspieler noch, und in der Theatergruppe gebe es auch noch einen Zeitzeugen.

„Lola – eine Kleinbürgertragödie“ spielt 1957 in der westdeutschen Provinz. Der korrupte Bauunternehmer Schuckert feiert mit den Honoratioren der Stadt den neuen Reichtum im Bordell. Dessen Mittelpunkt ist die Tänzerin Lola. In den kleinstädtischen Filz kommt der neue Baudezernentt Herr von Bohm, der sich in Lola verliebt, ohne zu wissen wer sie ist. Doch er kommt nach und nach hinter ihr Geheimnis und das weiterer Würdenträger in der Stadt.

„Lola“ greift einen Aspekt aus Heinrich Manns Roman „Professor Unrat“ auf, der 1929 als „Der blaue Engel“ verfilmt wurde. 1981 nahm sich Rainer Werner Fassbender des Stoffes an und verfilmte das Drehbuch von Peter Märthesheimer mit Barbara Sukowa, Mario Adorf und Armin-Müller-Stahl.

Skurril und spannend

Er habe sich den Film zwar gekauft, aber nur ganz kurz reingeschaut, erzählt Jörg Klein, der den Bauunternehmer Schuckert verkörpert – die Rolle, die Mario Adorf in der Verfilmung spielte. Doch er wollte sich nicht zu sehr von dem Film beeinflussen lassen, sagt Klein – und mit Adorf will er nicht wetteifern.

Er sei anfangs nicht so begeistert gewesen von dem Stück, gesteht Klein. Doch als es feststand, habe er sich mit Leidenschaft auf seine Rolle gestürzt. Er übernehme gern die skurrilen Rollen, sagt er. „Die kann man besser ausspielen“. Schuckert sei „der typische korrupte Bauunternehmer der 50er Jahre, der glaubt, dass man mit Geld alles kaufen kann“, beschreibt der Malermeister, der seit 2006 in der Truppe ist, seine Rolle.

„Ich glaube, dass wird ein sehr spannendes Stück. Das Publikum ist nicht gewohnt, dass bei uns gesungen und getanzt wird“, freut sich Klein auf die Aufführung.

Und noch etwas ist das Publikum nicht gewohnt: Dass es vier Aufführungen gibt. Die Schattenlichter brechen mit einer Tradition, so Brumm. Doch da die üblichen drei Vorstellungen oft schon 14 Tage im Voraus ausgebucht sind und ihnen die Leute Leid taten, die wiederholt keine Karten bekommen haben, haben sich die Schattenlichter entschlossen, ihr neues Stück in diesem Jahr viermal zu spielen.

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Zu sehen ist „Lola“ vom 6. bis 9. März jeweils um 20 Uhr im Gemeindehaus der Paulus-Gemeinde, Teltower Damm 4 – 8. Der Eintritt kostet fünf, ermäßigt drei Euro. Karten können bestellt werden unter der Telefonnummer (030) 8 11 13 33, per E-Mail an schattenlichter@gmx oder online unter www.schattenlichter.info, und es gibt sie, so lange vorhanden, bis 4. März in der Küsterei der Paulusgemeinde. Restkarten oder nicht abgeholte Karten werden an der Abendkasse verkauft.

(go)