Als sich die US-Streitkräfte im Sommer 1994 mitten in Berlin mit einer Konfetti-Parade von den Berlinern verabschiedeten, standen so manchem Zaungast Tränen in den Augen. Aus ehemaligen Besatzungssoldaten waren echte Freunde geworden, die man jetzt gehen lassen musste. Nach der Wiedervereinigung der beiden deutschen Staaten entband US-Präsident Bill Clinton die Streitkräfte, die seit 1945 ihre Mission in Berlin erfüllt hatten, von ihren Diensten.

Der Große Zapfenstreich zum Abschied verursachte Wehmut, hatten doch die GIs mit ihren Familien den Südwesten der Stadt mit ihrer Musik, ihrer Art zu leben, ihren Gebäuden und Freizeitanlagen geprägt wie keiner sonst der drei anderen alliierten Siegermächte. Und unzählige Berliner hatten diesen Lebensstil den „Amis“ gerne abgeguckt und sich in den Wohnsiedlungen der Amerikaner, die angelegt waren wie amerikanische Vorstädte, ganz so gefühlt als lebe man selbst in den USA.

Cover: „Die Amerikaner im geteilten Berlin. Spurensuche im Südwesten der Stadt“

Das Taschenbüchlein „Die Amerikaner im geteilten Berlin. Spurensuche im Südwesten der Stadt“ aus dem Ch. Links-Verlag, lässt die Zeit zwischen 1945 und 1994 noch einmal Revue passieren. Der Autor Arno Helwig ist Leiter des Projektes Amerikaner im Südwesten des Alliierten Museums im ehemaligen Truppenkino „Outpost“. Zwanzig historische Orte werden vorgestellt, vom US-Hauptquartier über amerikanische Wohnsiedlungen bis hin zu Landmarken des Kalten Krieges wie dem Checkpoint Charlie. Eingeteilt in die Kapitel „American Way of Life; Im Kontakt mit der Berliner Bevölkerung; Politische und militärische Präsenz; Der Kalte Krieg“ vermittelt das Taschenbuch auch einen übersichtlichen Abriss der historischen Ereignisse im Südwesten Berlins nach Ende des Krieges.

So mancher Lebensweg eines Nachkriegsberliners hat durch die Anwesenheit der Amerikaner und durch die Arbeit bei den Streitkräften eine ganz andere Wendung genommen. Wer damals im Berliner Südwesten lebte, wird im Buch alles sofort freudig wieder erkennen. Denn es war eine schöne Zeit mit Freunden, was sich dereinst nicht nur im alljährlich im August stattfindenden Deutsch-Amerikanischen Volksfest zeigte.

Das kleine Werk ist optisch fast unscheinbar. Ganz im Gegenteil zu seinem sehr interessanten Inhalt. Dass es in einem Verlag erschien, der im ehemaligen Osten Berlins liegt, macht noch einmal deutlich, dass sich die historisch bewegten Zeiten in der Hauptstadt zum Glück normalisiert haben. Das Büchlein wäre es wert gewesen in größerer Ausgabe zu erscheinen. Zu schade, wenn man es übersähe.

Alliierten Museum e.V. (Hg.) Arno Helwig
Die Amerikaner im geteilten Berlin. Spurensuche im Südwesten der Stadt
Ch. Links-Verlag
Juli 2017, Broschur
ISBN: 978-3-86153-972-8
Euro 5,00

Silvia Friedrich

Mehr zur Autorin gibt es unter www.silvia-friedrich.de.