
Ausstellungspartner: Bezirksstadträtin Kerstin Richter-Kotowski, der Heimatverein-Vorsitzender Klaus-Peter Laschinsky, Heike Stange vom Kulturamt und Christine Fischer-Defoy (von links) eröffneten gemeinsam die Ausstellung zur Familie Sobernheim und das Haus Waltrud. Foto: Gogol
Einem einzelnen Haus und seinen Bewohnern widmet sich die Ausstellung “Einheit und Harmonie – Die Familie Sobernheim und das Haus Waltrud auf Schwanenwerder”, die am Donnerstagabend im Heimatmuseum Zehlendorf eröffnet wurde.
In Fotos, Zeitungsartikeln aber auch mit Reiseaccessoires, Geschirr und zahlreichen weiteren Ausstellunggegenständen erzählt das Museum von der Familie des Brauereidirektors Walter Sobernheim, die 1912 ein Grundstück auf Schwanenwerder erwarb und dort die Villa „Waltrud“ – eine Zusammenziehung der beiden Vornamen des Ehepaars Walter und Gertrud Sobernheim – errichten ließ. Es erzählt aber auch von Enteignung, Flucht und Vertreibung.
Die Familie des Generaldirektors der Schultheiss-Patzenhofer Brauerei AG wohnte standesgemäß am Lützoplatz, auf Schwanenwerder ließ sie sich ein 34-Zimmer-Sommerhaus errichten, dazu Wirtschaftsgebäude, eine Gärtnerei und ein Pförtnerhaus. Mit dem Bau beauftragte Sobernheim den Karikaturisten und Architekten Bruno Paul. Es sollte ein Rückzugsort werden für das Ehepaar und seine drei Kinder.
Die Idylle am Wannsee wurde mit der Machtübernahme der Nationalsozialisten gestört, 1933 flüchtete die Familie zuerst nach Paris, von wo aus Getrud Sobernheim das Haus auf Schwanenwerder verkaufte und die Haushalte in Berlin auflöste. Davon zeugen auch ein Inventarbuch, das in der Ausstellung gezeigt wird, sowie eine Übergabeliste an den neuen Eigentümer, den Unternehmer Max Baginski. Gertrud Sobernheim starb 1938 in Paris, der Rest der Familie flüchtete weiter über Lausanne, Nizza und New York, wo Walter Sobernheim 1945 verstarb. Aus der Zeit des Exils ist wenig erhalten.
Nach dem Ende des Krieges bemühten sich die Kinder der Sobernheims um Entschädigung, was, wie Heike Stange vom Kulturamt Steglitz-Zehlendorf darlegte, mit ambivalenten Gefühlen verbunden war. „Ich hätte gern den Grunewald und den Wannsee wiedergesehen, auf der anderen Seite habe ich Angst vor den Erinnerungen“, zitierte Stange in ihrer Eröffnungsrede aus einem Brief Martin Sobernheims.
Die Ausstellung, die gemeinsam vom Heimatmuseum, dem Aktiven Museum e.V. und dem Kulturamt Steglitz-Zehlendorf erarbeitet wurde, reicht zurück ins Jahr 2011, als das Aktive Museum vom Abgeordnetenhaus den Auftrag erhielt, auf der Insel Schwanenwerder einen historischen Lehrpfad anzulegen, berichtete Christine Fischer-Defoy vom Aktiven Museum. Damals habe sie sich zum ersten Mal mit diesem besonderen Ort beschäftigt.
Ein Drittel der Inselbewohner waren jüdischer Abstimmung. Sie wurden nach 1933 verfolgt und flüchteten. Nach ihnen kam NS-Prominenz, wie etwa Joseph Goebbels, die in die Villen einzog. „Es ist ein exemplarischer Ort, wenn man die Geschichte der Vertreibung jüdischer Bürger nach 1933 erzählen will, so Fischer-Defoy.
Auch nachdem die Stelen aufgestellt waren, beschäftigten sich Fischer-Defoy und Heike Stange weiter mit der Insel und ihren Bewohnern, als sie einen Auftrag von der Würth AG erhielten, die Geschichte ihres Firmensitzes an der Inselstraße 15 bis 18 zu erforschen: Es war das Haus der Familie Sobernheim. Als sie dann einen Brief erhielten, mit dem nach Nachfahren der Familie Sobernheim gesucht wurde, habe man Zugang erhalten zu einer „Wunderkammer“ mit Bildern, Briefen und anderen Erinnerungsstücken der Familie Sobernheim, die nun Eingang in die Ausstellung gefunden haben.
Selbst auf Spurensuche zu gehen und die Familiengeschichte zu erleben, dazu lud Stange am Donnerstagabend die zahlreichen Besucher der Ausstellungseröffnung herzlich ein.
Zur Ausstellung ist auch das Buch „Familie Sobernheim und das Haus Waltrud auf Schwanenwerder erschienen. Autorin Heike Stange wird dies am Dienstag, 24. März, um 19 Uhr in der Schwartzschen Villa vorstellen. Der Eintritt kostet fünf, ermäßigt drei Euro.
(go)