Wenn man die Menschen im Bezirk nach dem Platz des 4. Juli fragt, antworten die meisten, dass es doch der Platz sei, auf dem die Motorrad-Fahrschüler ihre Runden drehen. Das stimmt natürlich. Doch kaum jemand weiß, wie der Platz seinen Namen erhielt oder welche Aufgaben das benachbarte Telefunken-Werk zu NS-Zeiten übernahm. Am Montag, den 16. Oktober, wurde eine neue Stele enthüllt, die mehr über den Lichterfelder Ort verrät, der Geschichte geschrieben hat.
Beim strahlenden Sonnenschein wurde am Montag die neue Informations-Stele des Kulturamtes Steglitz-Zehlendorf auf dem Platz des 4. Juli, Ecke Goerzallee der Öffentlichkeit übergeben. Die Stele, nach einem Entwurf von Karin Rosenberg, soll an die Geschichte des ehemaligen Telefunken-Werkes und des Platzes des 4. Juli erinnern. Die Texte auf der Stele stammen von den Autoren Thomas Irmer, einem Historiker, und Bernd von Kostka, dem kommissarischen Direktor des Alliierten Museums. Gemeinsam mit dem Bezirksstadtrat Frank Mückisch übernahmen die beiden die feierliche Enthüllung der Informations-Stele.
Der Platz des 4. Juli
Bei seinen Planungen zur Welthauptstadt „Germania“ hatte Albert Speer vier Ringstraßen rund um das Berliner Zentrum ziehen wollen. Eine davon hier in Lichterfelde. Der Bau des sogenannten 4. Rings begann 1936.
Übrig blieb von den Plänen nur die rund 400 Meter lange und 70 Meter breite asphaltierte Fläche an der Goerzallee.
Ab 1945 diente der Platz der US-Armee, die das ehemalige Telefunken-Gebäude als McNair-Kaserne nutzte, als ein „Paradeplatz“. Er war ideal für das stundenlange Einüben von Paraden, da auf der großzügigen Fläche sowohl Fußtruppen als auch Fahrzeuge und Panzer eingesetzt werden konnten. Auch bei den amerikanischen Streitkräften behielt der Platz seinen Namen aus der Zeit des Nationalsozialismus: „4. Ring“.
Jedes Jahr wurde dort für die Parade zum Nationalfeiertag am 4. Juli geübt. Das war dann auch der Grund für die Umbenennung des Platzes nach 30 Jahren. Das Bezirksamt Steglitz hatte dem General der Berlin Brigade R.D. Tice eine Umbenennung des Platzes mit einem „amerikanischen Namen“ angeboten. Der General schlug den Namen „Platz des 4. Juli“ vor. Die offizielle Umbenennung fand am 4. Dezember 1976 statt.
1994 wurde auf dem Platz eine Abschiedsparade zum Ende der amerikanischen Militärpräsenz in der Stadt abgehalten, die US-Präsident Bill Clinton und Bundeskanzler Helmut Kohl 1994 abnahmen. Damit wurde die knapp 50-jährige militärische Nutzung des Platzes beendet, an die bis heute sein Name erinnert.
Das Telefunken-Werk
Nur ein Jahr nach dem Start des Baus des 4. Rings kaufte Telefunken ein benachbartes, etwa 240.000 Quadratmeter großes Grundstück an der Goerzallee, um dort die neue Unternehmenszentrale zu errichten. An diesem Standort sollten nun alle Abteilungen zusammengefasst werden, die bis dahin überall in der Stadt verteilt waren. Geräte der Funkmesstechnik, aber auch Radargeräte und Antennenanlagen sollten neu entwickelt werden, mit denen später auch im Krieg feindliche Flugzeuge ausgemacht werden konnten.
Die Errichtung einer neuen Unternehmenszentrale wurde maßgeblich durch die Wehrmacht, Reichsbehörden wie das Rüstungsministerium und die NS-Sonderbehörde des Generalbauinspekteurs für die Reichshauptstadt veranlasst und unterstützt.
In dem neuen Werk wurden 38.000 Quadratmeter für Büros der Hauptverwaltung sowie der Forschungs- und Entwicklungsabteilungen, knapp 22.000 Quadratmeter für Werkstätten und etwa 15.000 Quadratmeter als Warenlager genutzt. Bis zu 6.000 deutsche Beschäftigte sollten in dem Gebäudekomplex tätig sein. Während des Zweiten Weltkrieges stieg die Zahl der Beschäftigten auf zeitweise über 10.000 Menschen an.
Im Zweiten Weltkrieg wurde hauptsächlich für Rüstungszwecke gearbeitet. 1942 entstand südlich der Goerzallee außerdem ein Gerätewerk. Zwischen ihm und dem Teltowkanal wurde ab 1942 ein Unterkunftslager errichtet. Bau und Ausstattung übernahmen Berliner Handwerksfirmen, außerdem wurden französische Kriegsgefangene eingesetzt. In den Baracken lebten etwa 600 junge Franzosen, die im Gerätewerk in Zehn-Stunden-Schichten für die Rüstungsproduktion arbeiten mussten. In der Lagerküche waren polnische Zwangsarbeiterinnen eingesetzt.
Ein Großteil des Barackenlagers wurde Ende August 1943 bei einem alliierten Luftangriff auf das Telefunken-Werk zerstört.
Nach dem Ende des Krieges kamen die Amerikaner in den Südwesten. Das Gelände an der Goerzallee bot sich als Militärstützpunkt an.
Nach Ende der Nutzung durch die amerikanischen Streitkräfte wurde das Gelände verkauft und nach und nach zu einer Wohnsiedlung umgestaltet. Neben den Wohnhäusern sind hier heute eine Privatschule, eine Kinderspielhalle, ein Fitnessstudio sowie zahlreiche Geschäfte zu finden. Der Platz des 4. Juli wird als Parkplatz, als Übungsplatz für die Fahrschüler sowie für Flohmärkte genutzt.
(eb)
Quellen: Stelentexte von Thomas Irmer und Bernd von Kostka
Mein Vater hat während des Krieges bei Telefunken gearbeitet. Es wurden Werkswohnungen gebaut und wir wohnten dann in der
„Telefunkensiedlung“ im Windsteiner Weg! Meine Brüder und ich sind dort aufgewachsen. Bis zum Tod meiner Mutter (1973) haben
meine Eltern dort gewohnt.
Ein Freund meines Bruders schrieb ihm einmal eine Karte, die war adressiert an “ Sturmklamotten Weg „, “ Feletunken-Siedlung“ und sie kam an!! Wenn man von der Andrezeile in den Windsteiner Weg einbog, kam einem immer ein kräftiger Wind entgegen.